Bis zum Jahr der Eingliederung des Herzogtums in die preußische Provinz Schleswig-Holstein stand der Bauervogt („de Burvogt“ mehr hier) an der Spitze der Dorfschaft. Er war für die Einhaltung der Ordnung und für die Umsetzung der Anweisungen des Landesherren bzw. der jeweiligen Obrigkeit zuständig. In Groß Berkenthin sowie in Kählstorf war somit das herzogliche bzw. königliche Amt in Ratzeburg die vorgesetzte Stelle. Im adligen Teil von Klein Berkenthin war der dortige Burvogt dagegen für die Durchsetzung der Anordnungen des jeweiligen Gutsherrn zuständig (s. Adliges Klein Berkenthin). Zur Zeit der lübschen Oberhoheit über einen Teil von Klein Berkenthin – der Ortsteil war 300 Jahre an Lübeck verpfändet – hatte es sogar für diesen Teil des Ortes einen eigenen Bauervogt gegeben, der im Dienste der Hansestadt stand (s. lübsches Klein Berkenthin).
Umgekehrt hatte der Bauervogt aber auch die Interessen des Dorfes gegenüber der jeweiligen Herrschaft zu vertreten. Er befand sich von daher stets in einer konfliktträchtigen Mittlerfunktion. Für ihre Dienste erhielten die Bauervögte u.a. eine Hufe mit Kruggerechtigkeit, d.h sie unterhielten in den Orten lange die einzige Gastwirtschaft („Krochhus“). Wenn es in Berkenthin noch weitere Krüge gab, erklärt sich dies u.a. durch die Lage am Stecknitzkanal.
Das Amt des Bauervogten war erblich mit der Hufe gebunden. In Groß Berkenthin war dies die ehemalige Gastwirtschaft Hack, im adligen Teil von Klein Berkenthin die ehemalige Gastwirtschaft Meier, in dem ehemals lübschen Teil von Klein Berkenthin saß der Burvogt auf der Stelle im Winkel 14, heute Ehlers, ehemals Erdmann. Auch hier im Winkel 14 direkt am ehemaligen Kirchsteig nach Rondeshagen befand sich lange eine Wirtschaft, bis dann der Inhaber Wilhelm Erdmann zu Beginn des letzten Jahrhunderts seinen Betrieb in das heutige Landhaus (Ecke Rondeshagener / Oldesloer Straße) verlegte. In Kählstorf war die ehemalige Bauervogtstelle an den heutigen Hof Wegner, ehemals Dohrendorf, davor Sedemund gebunden. Auch in diesem Hof befand sich, wie noch heute zu erkennen ist, früher eine Gaststätte. Die Namen der jeweiligen Bauervögte in den einzelnen Ortsteilen finden Sie unter „Höfe“ dieser Chronik! (Link)
Mit der Eingliederung in die Preußische Provinz Schleswig-Holstein und der Wirksamkeit der „Landgemeinde-Verfassungen im Gebiete der Herzogtümer Schleswig und Holstein“ vom 22. September 1867 und später der „Landgemeindeordnung für die Provinz Schleswig-Holstein“ vom 4. Juli 1892 wurden die Aufgaben der Bauervögte von den Gemeindevorstehern übernommen.
Dabei wurde das neue Amt zunächst den jeweils amtierenden Bauervogt übertragen. So wurde in Groß Berkenthin der ehemalige Bauervogt Nehls der erste Gemeindevorsteher seines Ortes, während in Klein Berkenthin Bauervogt Meyer diese Funktion übernahm. Anders als der Bauervogt, der von der jeweiligen Obrigkeit eingesetzt wurde oder das Amt gewissermaßen ererbte, wurden die Gemeindevorsteher gewählt. Bis 1918 erfolgte diese Wahl nach dem preußischen Dreiklassenwahlrecht, wobei die Frauen bis zu diesem Jahr kein Stimmrecht hatten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden dann auch die Gemeindevertretungen in Schleswig-Holstein nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Wählen durften nun alle Männer und Frauen, die das 20. Lebensjahr vollendet hatten. Lesen Sie dazu auch das Kapitel „Zum ersten Mal die Wahl“.
Nach der Machergreifung durch die Nationalsozialisten wurde das bis dahin in Preußen gültige „Gemeindeverfassungsgesetz“ durch die „Deutsche Gemeindeordnung“ ersetzt. Durch diese wurde die Beteiligung der Bevölkerung durch Wahl an der Willensbildung der Gemeinde abgeschafft. Die „Leiter der Gemeinden“ führten nun die Bezeichnung „Bürgermeister“. Sie wurden nicht mehr gewählt, sondern letztendlich auf Vorschlag des NS-Ortsgruppenleiters vom Kreisleiter als Beauftragten der NSDAP berufen. Entsprechend wurden auch die Gemeindevertreter nicht mehr gewählt, sondern ebenfalls auf 6 Jahre berufen, sie waren Beigeordnete.
Am 1. Oktober 1938 wurden die bis dahin selbständigen Dörfer Klein Berkenthin, Groß Berkenthin, Kählstorf, Göldenitz und Hollenbek zur Gemeinde Berkenthin vereinigt. Göldenitz erhielt 1951 die Selbständigkeit zurück, und Hollenbek wurde 1954 in Behlendorf eingemeindet. Dadurch stieg die Einwohnerzahl des Ortes auf 1.329.
Als erster Bürgermeister der neuen Gemeinde wurde Hugo Rath aus Klein Berkenthin nach obigem Gesetz berufen. Er blieb es bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht 1942. Als sein Nachfolger wurde der Bauunternehmer Heinrich Schwarz berufen, der sich aber vor seiner Ernennung von der Kreisleitung der NSDAP bestätigen ließ, dass er nicht „der Partei“ angehörte. Das bewahrte ihn 1945 – zunächst – davor, nach Kriegsende von der britischen Besatzungsmacht abgesetzt zu werden.
Nach dem Einzug der Engländer blieb zunächst Bürgermeister Schwarz für wenige Wochen im Amt, wurde dann aber doch für abgesetzt erklärt. Daraufhin wurde der aus Berlin stammende und seit einigen Jahren im Hause Gustav Dohrendorfs lebende Max Dinklage und nach ihm Kaufmann Schulz aus Groß Berkenthin von den Besatzern zum kommissarischen Bürgermeister ernannt. Mehr über diese bewegten Tage und Wochen nach Ende des Krieges erfahren Sie hier. Nach der ersten Kommunalwahl am 15. September 1946, die durch eine Reihe von Verordnungen der Besatzungsmacht geregelt war, wurde dann Heinrich Schwarz von der Gemeindevertretung wiedergewählt. Politische Parteien waren bereits wieder zugelassen. Wie es in der Kirchenchronik hieß, „fand die Wahl bei guter Beteiligung in völliger Ruhe statt.“ In die Gemeindevertretung wurden 6 Vertreter der CDU, 5 Vertreter der SPD und ein Parteiloser gewählt.
Bemerkenswert war, dass zu dieser Wahl als Kandidaten auch wieder ehemalige NS-Parteigenossen zugelassen waren, da man ansonsten nicht genügend Bewerber gefunden hätte. Diese Regelung führte im Vorfeld der Wahl zu heftigen Protesten, die an einzelnen Personen festgemacht wurden.
Die zweite Wahl 1948, die noch nach englischem Mehrheitswahlrecht durchgeführt wurde, bestätigte Heinrich Schwarz in seinem Amt
Eine Neuerung direkt nach Kriegsende bestand in der Aufteilung des Kreises in neun Bezirksbürgermeistereien. Berkenthin gehörte zum Bezirksbürgermeisteramt Ratzeburg. Ihre Aufgabe bestand darin, die Anliegen der Ortsbürgermeister zu bündeln und diese an den Landrat weiterzuvermitteln. Die Einteilung In Bezirksbürgermeistereien hatte es vorher nie gegeben und die Bürgermeister hatten Schwierigkeiten, die neuen Instanzen zu akzeptieren. Ihre Arbeit wurde allgemein für ineffektiv gehalten, so dass sie im Juli 1947 wieder abgeschafft wurden.
Die Kommunalwahlen nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurden dann nach dem Schleswig-Holsteinischen Kommunalwahlrecht durchgeführt, das im Laufe der Jahre wiederholt modifiziert wurde. Die Wahlen fanden zunächst in einem 4-jährigen Turnus statt, nach 1998 wurde alle 5 Jahre gewählt. Nach dem Schleswig-Holsteinischen Kommunalrecht repräsentiert der ehrenamtliche Bürgermeister:in die Gemeinde und hat den Vorsitz in der Gemeindevertretung.
Gemeindevorsteher und Bürgermeister/Stellvertreter
der Gemeinde Groß Berkenthin
1877 | bisheriger Bauervogt Nehls | Halbhufner Rönnpage |
1883 | ¾ Hufner Dohrendorf | Halbhufner Rönnpage |
1889 | ¾ Hufner Fritz Dohrendorf | ¾ Hufner F. Hack |
1895 | ¾ Hufner Sedemund | Doppelkätner J. Ricker |
1901 | ¾ Hufner Sedemund | Doppelkätner J. Ricker |
1906 | ¾ Hufner Sedemund | Doppelkätner J. Ricker |
1911 | Hufner W. Dohrendorf | Doppelkätner J. Ricker |
1913 | Hufner W. Dohrendorf | Viertelhufner J. Ricker |
1919 | Hufner W. Dohrendorf | ½ Hufner Kahns |
1924 | Hufner W. Dohrendorf | Kätner Hans Kanehls |
1930 | Hufner W. Dohrendorf | ? |
1933 | ¾ Hufner Friedrich Hack | H. Strahlendorf, kommissarisch |
1935 | ¾ Hufner Friedrich Hack | H. Strahlendorf, |
Gemeindevorsteher und Bürgermeister/Stellvertreter
der Gemeinde Klein Berkenthin
1878 | früherer Bauervogt Meyer | ? |
1883 | Hufner Meyer | Müller J. T. Vollert |
1884 | Hufner Dohrendorf | ? |
1886 | Hufner Joachim Dohrendorf | ¾ Hufner J. Hamester |
1889 | Hufner Joachim Dohrendorf | ½ Hufner J. Hamester |
1895 | Hufner Joachim Dohrendorf | ½ Hufner J. Wulf |
1901 | Hufner Joachim Dohrendorf | Bauunternehmer Heinr. Hagen |
1906 | Hufner Joachim Dohrendorf | Bauunternehmer Heinr. Hagen |
1911 | Bauunternehmer Hagen | ? |
1913 | Bauunternehmer Hagen | |
1919 | ¾ Hufner Hans Hagen | Hufner J. Meyer |
1924 | ¾ Hufner Hans hagen | Betriebsleiter Hans Schwarz |
1927 | Landmann Joh. Schulz | ? |
1930 | Landmann Joh. Schulz | ? |
1933 | Fleischbeschauer Otto Siemers | Albert Schulz |
1935 | Fleischbeschauer Otto Siemers | Robert Schulz, 1.Beigeordn. |
1938 | Hugo Rath | Heinrich Voß, , 1.Beigeordn. |
Vereinigung der Gemeinden Groß Berkenthin, Klein Berkenthin, Göldenitz, Kählstorf und Hollenbek zu einer Gemeinde mit dem Namen Berkenthin am 1.10.1938
1938 | Hugo Rath, erster (berufener) Bürgermeister der neuen Gemeinde Berkenthin | Friedrich Hack |
1943 | Nach Einberufung von Bürgermeister Rath zum Kriegsdienst wird Heinrich Schwarz im Februar 1943 zum kommissarischen Bürgermeister berufen. |
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Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Gründung der Bundesrepublik
Mai-Juni 1945 | Max Dinklage, von der Besatzungsmacht ernannt |
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Ab 15.6. 1945 | Kaufmann Helmut Schulz, von der Besatzungsmacht ernannt |
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1946 | Heinrich Schwarz, gewählt in der ersten Kommunalwahl am 15. 9. 1946 |
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1948 | Heinrich Schwarz, wiedergewählt am 24.10.1948 | Otto Jürs |
Wahl nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949
1951 | Hugo Rath | Oelers /Erich Schmidt |
1955 | Georg Hack | Hugo Rath |
1959 | Richard Meyer | Hugo Rath |
1962 | Richard Meyer | ? |
1966 | Richard Meyer | Gustav Pohl |
1970 | Richard Meyer | Hans Hugo Rath |
1974 | Richard Meyer | Heinz Burmeister |
1978 | Richard Meyer | Gerhard Rebien |
1979 | Hans Erich Pieper | Gerhard Rebien |
1982 | Hans Erich Pieper | Heinz Burmeister |
1986 | Hans Erich Pieper | H.J. Speth |
1990 | Hans Erich Pieper | H.J. Speth |
1992 | Hans Joachim Speth (als Vertreter nachgerückt) | R. Meyne-Schmidt |
1994 | Hans Joachim Speth | R. Meyne-Schmidt |
1998 | Hans Joachim Speth | R. Meyne-Schmidt |
2003 | Hans Joachim Speth | R. Meyne-Schmidt (bis 2007) |
2008 | Hans Joachim Speth | Friedrich Thorn |
2012 | Friedrich Thorn (als Vertreter nachgedrückt) |
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2013 | Michael Grönheim | Herbert Baak |
2018 | Michael Grönheim | Friedrich Thorn |
2020 | Friedrich Thorn (als Vertreter nachgerückt) | Gisela Bockholdt |
seit 2023 | Friedrich Thorn | Dr. Hannelore Machnik |
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Quellen:
Der Zusammenstellung der Gemeindevorsteher und Bürgermeister liegt die Übersicht im Findbuch des Amtsarchivs Berkenthin zugrunde, die von Christian Lopau erstellt wurde.