Amt Berkenthin

Amt Berkenthin

 

Der folgenden Darstellung der Entwicklung des Amtes Berkenthin  liegt der gründlich recherchierte Aufsatz von Helga und Walter Koop zugrunde, der in dem Buch „Die Ämter und ihre Gemeinden im Kreis Herzogtum Lauenburg. Ein Porträt des ländlichen Raumes“, hrsg. Vom Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag, Kreis Herzogtum Lauenburg veröffentlich wurde. Der Aufsatz ist bis auf wenige Aktualisierungen die letzten Jahre betreffend wörtlich wiedergegeben.



Das Amt Berkenthin und seine Gemeinden

von Helga und Walter Koop


Der Amtsbezirk 1888 – 1948

Auf Anordnung des preußischen Ministers des Innern entstanden 1889 im Kreis Herzogtum Lauenburg 23 Amtsbezirke. Einer dieser Bezirke war Berkenthin mit den Gemeinden Groß Berkenthin, Klein Berkenthin, Göldenitz, Kählstorf, Krummesse, Klempau, Gutsbezirk Klempau und Klein Weeden vom Gutsbezirk Kulpin mit dem Forsthaus Fliegenberg mit zusammen 1.200 Einwohnern. 50 Jahre später, im Mai 1939, war die Einwohnerzahl nur unerheblich auf 1.329 gestiegen. Der Amtsbezirk bestand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und wurde nach dem 8. Mai 1945 durch die englische Besatzungsmacht aufgehoben.

Danach gehörte Berkenthin bis April 1947 zur Bezirksbürgermeisterei Ratzeburg. Von April 1947 bis zum 30. Juni 1948 lebte auf Anordnung der Militärregierung der Amtsbezirk Berkenthin nach dem Vorbild von 1889 wieder auf. Für diesen Bezirk wählte und ernannte die Sonderkommission des Kreisausschusses am 8. Juli 1947 den hiesigen Maurermeister Heinrich Schwarz zum Amtsvorsteher und den Landwirt Karl Meyne zu seinem Stellvertreter. Dieser Amtsbezirk wurde zum 30. Juni 1948 endgültig aufgehoben und durch das aus 8 Gemeinden mit zusammen 5.841 Einwohnern bestehende anfangs noch sogenannte Bezirksamt Berkenthin abgelöst.


Die Neuordnung 1948

Zur Vorbereitung des termingerechten Neubeginns fand schon am 22. Juni 1948 die konstituierende Sitzung des neuen Amtsausschusses statt. Die gewählten Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinden wählten Otto Jürs aus dem Berkenthiner Ortsteil Göldenitz zum Amtmann. Noch in derselben Sitzung wurden Franz Pazelt als Amtsschreiber und Heinrich Bars als Kassenleiter angestellt. Die damals an drei Tagen in der Woche erscheinenden Lübecker Nachrichten berichteten in ihrer Ausgabe Nr. 82 – Donnerstag, den 8. Juli 1948:


Neuer Amtmann gewählt

Für das neu errichtete Bezirksamt Berkenthin, zu dem die Gemeinden Behlendorf, Düchelsdorf, Sierksrade, Krummesse, Klempau, Niendorf, Rondeshagen und Berkenthin gehörten, wurde der Bauer Jürs aus Göldenitz zum Amtmann gewählt. Die Dörfer Rondeshagen, Sierksrade und Düchelsdorf hatten vorher zum Amt Bliesorf, Behlendorf zum Amt St. Georgsberg und Niendorf zum Amt Anker gehört.

Am 1. Juli 1948 wurde die Amtsverwaltung in einem Raum im 1. Stock des „Gaulschen Hauses“ in Berkenthin, heute Haus Nr. 14 in der Kirchenstraße, eingerichtet.

Gaulsches Haus

Hier nahmen Amtsschreiber Pazelt und Kassenleiter Bars ihren Dienst auf.  An der zweiten Amtsausschusssitzung des Amtes Berkenthin am 17. 7. 1948 nahmen Amtmann Jürs und die Bürgermeister Schwarz (Berkenthin), Dohrendorf (Klempau), Luhmann (Krummesse), Martens (Niendorf), Wilde (Rondeshagen) und von Levern (Sierksrade) sowie der Amtsschreiber Pazelt als Protokollführer teil. Bürgermeister Niemann (Behlendorf) und Kahts (Düchelsdorf) waren nicht anwesend. Die Ernennungsurkunden für Amtmann Jürs und seinen Stellvertreter wurden ausgehändigt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden die jährliche Entschädigung des Amtmannes, die monatlichen Bezüge des Amtsschreibers und des Kassenleiters beraten und festgesetzt. Außerdem wurde die Einstellung des Bewerbers Kurt Rompe als Amtsbote für erforderlich gehalten und auch beschlossen. Die Personalkosten der Amtsverwaltung beliefen sich auf 750 DM monatlich. Die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan für die Zeit vom 1. 7. 1948 bis zum 31.3.1949 wurden in Einnahme und Ausgabe auf 10.550 DM genehmigt und festgesetzt. Aufgrund der besonderen Dringlichkeit wählte der Amtsausschuss die Mitglieder der Schlichtungsstelle in Wohnungssachen und des Ausschusses für Wohnraumbewirtschaftung bereits in dieser Sitzung. Beide Ausschüsse waren paritätisch mit Mietern und Vermietern besetzt, die nicht dem Amtsausschuss angehörten. Weiterhin wurde der Ankauf einer Schreibmaschine und eines Dienstfahrrades beschlossen. Diese Sitzung war zugleich auch die letzte in dieser kurzen Legislaturperiode, denn am 28. Oktober 1948 fanden die zweiten freien Gemeindewahlen nach dem Krieg statt.


Sprechstunden beim Bezirksamt

Die Lübecker Nachrichten hatten zwischenzeitlich in ihrer Ausgabe Nr. 97 – Donnerstag, den 12. August 1948 berichtet: Die Sprechstunden beim Bezirksamt Berkenthin sind bis auf weiteres dienstags und freitags.

In engster Nachbarschaft mit der Amtsverwaltung unterhielt die Gemeinde Berkenthin ebenfalls im 1. Stock des „Gaulschen Hauses“ ein Büro mit dem Angestellten Prill. Die Arbeitsbedingungen in den beiden Räumen waren sehr bescheiden. Harry Prill erinnert sich, dass im Gemeindebüro nicht einmal ein Tisch vorhanden war. Er half des Öfteren beim Amt aus und wechselte am 1. Oktober 1949 zunächst als Hilfskraft für vier Tage wöchentlich in die Amtsverwaltung.

Haus der Prangerschen Erben

Etwa zur gleichen Zeit mietete das Amt als Untermieter bei der Familie Wittler zwei Räume im „Haus der Prangeschen Erben“, heute Ratzeburger Straße 21,  gegenüber dem Gasthof Hack. Ein Schreibtisch und ein Aktenschrank wurden gekauft, und von dem vis-a-vis wohnenden früheren Standesbeamten Wilhelm Dohrendorf wurde der Standesamtsschrank in die Räume der Amtsverwaltung geholt.

Gastwirtschaft Hack

Zur ersten Sitzung nach den Gemeindewahlen versammelten sich am 20. November 1948 die neu gewählten Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinden im Gasthof Hack und wählten Otto Jürs wieder einstimmig zum Amtmann. Heinrich Schwarz aus Berkenthin und Paul Luhmann aus Krum­ messe wurden seine Stellvertreter. Nach der Besetzung der Schlichtungsstelle und des Wohnungsausschusses beschloss der Amtsausschuss, mit den Angestellten nach Ablauf der Probezeit ordnungsgemäße Dienstverträge abzuschließen. Die Hebamme Frau Neumann erhielt ein in 20 Monaten rückzahlbares Darlehen von 200 DM für den Kauf eines Fahrrades.

In der Sitzung am 12. Januar 1949  ,,…erkennt der Amtsausschuss einstimmig die Gründe der Einwohner des Ortsteils Göldenitz fur die Ausgemeindung an und befürwortet die Trennung (von Berkenthin). Der Amtsausschuss ist der Ansicht, dass der Ortsteil Göldenitz die gemeindlichen Aufgaben selbst erfüllen kann und die Ausgemeindung für Göldenitz keine finanzielle Mehrbelastung bedeutet.“ Das folgende Verfahren dauerte bis zum 1. April 1951. Dann wurde Göldenitz wieder selbständige Gemeinde.

Mit dem Ziel, ein Ortsteil Behlendorfs zu werden, trennte sich Hollenbek 1954 von der Gemeinde Berkenthin.

Die größten Probleme in der Nachkriegszeit bestanden in der Versorgung und Unterbringung der vielen Menschen und in der Arbeitsplatzbeschaffung. Durch den Zustrom der Flüchtlinge, der Vertriebenen und der Ausgebombten verdoppelte sich binnen kürzester Zeit in den meisten Gemein­den die Einwohnerzahl, ohne dass sich das Wohnraumangebot im Vergleich zu 1939 vergrößert hatte. Im Durchschnitt standen pro Kopf der Bevölkerung nur 4 bis 5 Quadratmeter heizbarer Wohnraum zur Verfügung.

Beispielhaft für alle Dörfer im Amtsbezirk ein Vergleich der Einwohnerzahl in 3 Dörfern:

Einwohner         1939       1950
Berkenthin         861         2.094
Klempau             191         487
Krummesse       277         502

Reichsarbeitsdienstlager in Berkenthin

In Krummesse befand sich von 1945 bis 1951 ein Durchgangslager, in dem Flüchtlinge und Vertriebene vorübergehend versorgt wurden. Für längere Zeit unterzubringen waren Familien, die im früheren Reichsarbeitsdienstlager in Berkenthin lebten.

Um den vielen Arbeitslosen den wöchentlich zweimal notwendigen Weg zum Arbeitsamt nach Ratzeburg zu ersparen, stand ab März 1949 im Gasthof Hack ein von den Gemeinden Berkenthin, Rondeshagen, Sierksrade, Düchelsdorf und Niendorf angemieteter Büroraum für das Arbeitsamt zur Verfügung. Ab Juni 1950 fanden die Sprechstunden im Gasthof Meier statt. Erst ab 1952 zahlte das Arbeitsamt die Miete selbst.

Der Amtsausschuss lehnte im Juni 1949 trotz des Wohnraummangels den Ankauf von Baracken und Nissenhütten aus Geesthacht ab, weil die entstehenden Umsetzungskosten der Unterkünfte im Verhältnis zum Nutzen einfach zu hoch waren. Für die Bearbeitung von Wohnungssachen war inzwischen der frühere Amtsbote Kurt Rompe verantwortlich. Dadurch erweiterten sich sein Aufgabenbereich und seine Außendiensttätigkeit im Amtsbezirk ganz erheblich. Um die überwiegend nicht ausgebauten Wege zu den Amtsgemeinden nicht immer mit dem Fahrrad abfahren zu müssen, kaufte er sich privat ein Motorrad, das er auch für alle Dienstfahrten benutzte. Dafür erhielt er eine monatliche Entschädigung im Wert von 20 Litern Benzin.

Nach entsprechender Begutachtung während einer Amtsausschusssitzung konnte durch Losentscheid das bisherige Dienstfahrrad für 30 DM an den Kassenleiter Heinrich Bars verkauft werden. Zur schnelleren Erledigung der Dienstgeschäfte durch die Angestellten Pazelt, Bars und Prill kaufte das Amt 1951 vom hiesigen Arzt ein gebrauchtes Motorrad. Die Freude an diesem Fahrzeug dauerte allerdings nur etwas mehr als ein Jahr, dann war es unbrauchbar und musste durch ein neues Motorrad ersetzt werden.

Mit Rücksicht auf die allgemein angespannte Wohnraumlage verzichtete das Amt darauf, einen dritten Raum im „Prangeschen Haus“ anzumieten. Aber ein halbes Jahr später, im Oktober 1951, beanstandete das Gemeindeprüfungsamt, dass die Trauungen immer noch im gegenüberliegenden Gasthof Hack stattfanden. Weil das Amt verpflichtet war, umgehend eine Änderung herbeizuführen, wurde für die Vermieterin im Obergeschoss des Hauses ein Zimmer ausgebaut. Das Amt konnte nun im Erdgeschoß einen großen, teilbaren Raum anmieten, womit die Amtsverwaltung jetzt über vier Räume verfügte.     

Nachdem Amtsschreiber Pazelt im Januar 1953 aus dem Dienst ausgeschieden war, übernahm der bisherige Kassenleiter Heinrich Bars diese Stelle.

Die Aufgaben der Amtsverwaltung wurden im April 1954 in 5 Sachgebiete eingeteilt:

  1. Aufgaben des Amtmannes: Vertretung des Amtes in allen öffentlichen Dingen, Aufsicht über die Amtsverwaltung
  2. Aufgaben des Amtsschreibers: Allgemeine Verwaltung, Standesamt, Kassenaufsicht, Finanzangelegenheiten der Gemeinden, Lastenausgleich, Personalakten u. a.
  3. Aufgaben der Amtskasse: Kassenführung des Amtes und der amtsangehörigen Gemeinden, Vollstreckungsbehörde, Aufstellung der Jahresrechnung, Vermögensbuchhaltung u. a.
  4. Fürsorgewesen: Bearbeitung kriegsbedingter und allgemeiner Fürsorge, Beihilfeanträge, Rentenangelegenheiten, Meldeamt u. a.
  5. Wohnungsamt: Wohnraumbewirtschaftung

Zur Umsetzung dieser Aufgaben standen der Amtmann, ein Beamter und 4 Angestellte zur Verfügung. Um den Außendienst weiter zu verbessern, kaufte das Amt 1957 einen gebrauchten Volkswagen als Dienstfahrzeug. Zur Mitfinanzierung des Autos wurde das Dienstmotorrad verkauft und der geplante Betriebsausflug auf 1958 verschoben. Wegen häufiger Reparaturbedürftigkeit trennte sich das Amt von dem VW Käfer und ersetzte ihn durch einen Opel Kadett.

An der Sitzung am 19. Oktober 1951 nahm auch Landrat Wandschneider teil. Seine persönlich vorgetragene Erläuterung zur Planung eines neuen Amtes Groß Grönau, dem Krummesse und Klempau zugeordnet werden sollten, lehnte der Amtsausschuss sofort so massiv ab, dass dieser Plan, durch den das Amt Berkenthin verkleinert worden wäre, nicht weiter verfolgt wurde. Eine 1956 ins Gespräch gekommene Neugliederung der Ämter, demzufolge das Amt Berkenthin durch Auflösung des Amtes Siebenbäumen erheblich vergrößert werden sollte, kam ebensowenig zum Tragen.

Amtmann Jürs erhielt am 8. Juli 1958 auf einer Sondersitzung durch ein persönliches Schreiben des Landrates Glückwünsche und Würdigung für seine 10-jährige Dienstzeit. Er war der einzige Amtmann, der seit der Gründung der Ämter ununterbrochen im Dienst war. Zum Bedauern aller Amtsausschussmitglieder stellte Amtmann Jürs mit Schreiben vom 3. 6. 1960 sein Amt zur Verfügung. Im Verlauf seiner fast 12-jährigen Amtszeit wurde er, und das war zu der Zeit im ganzen Kreis Herzogtum Lauenburg einmalig, viermal einstimmig in seinem Amt bestätigt. Bei den 67 Sitzungen seiner Amtszeit fehlte er nur zweimal.


alte Schule gegenüber der Kirche

Ende 1960 konnte die Gemeinde Berkenthin dem Amt die Wohnung des früheren Hauptlehrers in der alten Schule zu einem günstigen Mietpreis anbieten. Da die Mietverträge der bis dahin genutzten Räume ausliefen, nahm das Amt das Angebot an und bezog die seitens der Gemeinde Berkenthin hergerichteten Räume zum Ende des Jahres 1961.


Die Diskussion um die Dörfergemeinschaftsschule Berkenthin begann 1963. Obwohl der Amtsausschuss der Meinung war, dass die Schulverhältnisse in den Gemeinden in Ordnung wären, wurde nach vielen intensiven Verhandlungen in den Gemeindevertretungen und Elternbeiräten sowie nach langer Überzeugungsarbeit des Schulrates Jürß 1965 der Schulverband Berkenthin gegründet. 1967 fiel in der Schulbauplanung die Entscheidung für die Dörfergemeinschaftsschule in Berkenthin. Auch Krummesse blieb als Schulstandort erhalten. Bliestorf und Klempau schlossen sich dem dortigen Schulverband an.


Die Reform der Verwaltungsstruktur 1966

Die Amtsordnung von 1966 bewirkte eine umfassende Reform der Verwaltungsstruktur. Die Änderung einiger Dienstbezeichnungen war dabei eher als sekundäre Maßnahme zu bewerten. Aus dem Amtmann wurde der Amtsvorsteher und aus dem Amtsschreiber der Leitende Verwaltungsbeamte. Entscheidender Punkt der Novellierung war, dass die Regelgröße eines Amtes mindestens 5.000 Einwohner betragen sollte. Wegen dieser Forderung wurden die Ämter Siebenbäumen und Berkenthin zum 31. März 1970 aufgelöst.

Amt Siebenbäumen in Kastorf, Hauptstr. 71
Eingang Amt Siebenbäumen in Kastorf 1962 (rechts das Schild)

Die Gemeinden des Amtes Berkenthin sowie die Gemeinden Bliestorf und Kastorf des früheren Amtes Siebenbäumen bildeten am 1. April 1970 das neue Amt Berkenthin. Landrat Dr. Prößdorf regelte mit Verfügung vom 17. März 1970 u.a. die Rechtsnachfolge der aufgelösten Ämter. Wegen der gerade durchgeführten Kommunalwahlen war in den ersten zwei Monaten kein Amtsausschuss vorhanden. Um die ordnungsgemäße Ausübung der Beschluss- und Verwaltungsfunktionen für das neue Amt sicherzustellen, beauftragte der Innenminister den vom Landrat vorgeschlagenen Bürgermeister Koltze aus Kastorf mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Amtsvorstehers und des Amtsausschusses. Er bekleidete diese Ämter in Personalunion bis zur Konstituierung des Amtsausschusses am 1. Juni 1970.


Sehr erleichtert waren die Amtsausschussmitglieder darüber, dass sich in der Gemeindevertretung Krummesse seit 1966 eine sichere Mehrheit gegen eine seit Jahren immer wieder aufkommende Diskussion über eine eventuelle Eingemeindung nach Lübeck entwickelt hatte. Ein Ausscheiden Krummesses hätte nach der neuen Amtsordnung den Bestand des Amtes Berkenthin sicherlich in Frage gestellt.

neue Schule

Nachdem sich die neue Zusammensetzung des Amtes bewährt hatte, kaufte das Amt 1972 nach einem über 10 Jahre bestehenden Mietverhältnis die frühere Berkenthiner Schule und besaß damit erstmals ein eigenes Gebäude.


Ländlicher Zentralort

Die nachkriegsbedingte Bevölkerungsentwicklung und Veränderungen der wirtschaftlichen Grundlagen waren mit entscheidend für ein um 1965 entwickeltes zentralörtliches Gliederungssystem. Aufgrund des daraus resultierenden Kreisentwicklungsplanes wurde Berkenthin ländlicher Zentralort mit nahbereichszugeordneten Gemeinden. Diese Entscheidung war für die Entwicklung Berkenthins von großer Bedeutung, denn die zukünftige Planung, z.B. für Schulbauten, Sportstätten, Kindergärten, Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen orientierte sich an dem zentralörtlichen System.

Für Berkenthin ergaben sich hieraus neben dem Verkauf der alten Schule an das Amt die Anwerbung eines Arztes, der Bau der Turnhalle, Sportanlagen und Erweiterungsbauten der Grund- und Hauptschule Berkenthin. Der 1965 gegründete Schulverband wurde unter gleichzeitiger Übertragung des Vermögens auf das Amt aufgelöst. Beteiligte Gemeinden waren Behlendorf, Berkenthin, Düchelsdorf, Göldenitz, Kastorf, Niendorf b. B., Rondeshagen und Sierksrade. Die Vergrößerung der Schule erfolgte in mehreren Bauabschnitten. Insgesamt konnten 1982 und 1985 4 Fachklassen fertiggestellt werden. 1987 war der Baubeginn des Lehrküchentraktes, und 1992 wurden noch einmal 2 Klassen angebaut. Die größte Investition im Bereich der Schule war die im August 1976 eingeweihte Turnhalle für 1.200.000 DM. Obwohl nach Aussage des Schulentwicklungsplanes der Bestand der Schule in der bestehenden Form nicht gefährdet war, begann 1997 eine bis heute nicht abgeschlossene Diskussion um die Einrichtung einer Gesamtschule.

1976 bahnten sich wegen der geplanten Einrichtung einer Sondermülldeponie in Groß Weeden große Probleme an. Das Amt bezog hierzu eine deutlich ablehnende Haltung und beschloss, gegen die Einrichtung der Deponie Klage zu erheben. Vier Jahre später wurde diese vom Verwaltungsgericht Schleswig abgewiesen, weil eine Verletzung eigener Rechte vom Amt nicht geltend gemacht werden konnte. Als Kläger konnten zukünftig nur die Gemeinden Rondeshagen und Sierksrade auftreten. Das Amt stellte im November 1994 eine erhebliche Summe für den Rechtsanwalt zur Verfügung, der die Interessen der betroffenen Gemeinden sowie die der Bürgerinitiative bis zum Ende des Planfeststellungsverfahrens für eine weitere Sondermülldeponie vertrat. Durch den fundierten Widerstand der Betroffenen wurde die Anlage einer neuen Abfalldeponie verhindert.


neues Amtsgebäude

Das neue Amtsgebäude

Die Aufgaben und auch die Anforderungen an die Amtsverwaltung änderten sich im Laufe der Jahre so sehr, dass auch wegen der zunehmenden Personalstärke das umfunktionierte alte Schulgebäude ohne einen grundlegenden Umbau nicht mehr ausgereicht hätte. Da diese Maßnahme aber mehr als 700.000 DM kosten sollte, entschied sich der Amtsausschuß für einen Neubau. Dem Antrag der Gemeinde Berkenthin, bei entsprechender finanzieller Beteiligung das Feuerwehrgerätehaus und einen für den Bürgermeister anzumietenden Raum mit einzuplanen, wurde stattgegeben. Be­sonders durch die Einbeziehung der großen Fahrzeughalle für die Feuerwehr ergaben sich neue Nutzungsmerkmale und Gebäudedimensionen, die dem Architekten viel planerisches Geschick abverlangten. Im Oktober 1978 konnten die Baumaßnahmen auf dem schwierigen Baugrund beginnen, und nach knapp zwei Jahren wurde  das  respektable Amtsgebäude mit zwölf Büroräumen, einem Sozialraum, einem 80 Quadratmeter großen Sitzungssaal und einer 130 Quadratmeter großen Wohnung am 18. September 1980 eingeweiht (weil das Gerätehaus der gut ausgerüsteten Freiwilligen Feuerwehr trotz der vor 45 Jahren vorausschauenden Planung nicht mehr den Anforderungen entsprach, wurde zwischenzeitlich ein Anbau getätigt). Der Sitzungssaal ist neben seinem eigentlichen Bestimmungszweck dank der gastfreundlichen Amtsverwaltung für kulturelle Veranstaltungen und Vorträge nutzbar. Er wird wegen der zentralen Lage auch von den Einwohnern der umliegenden Dörfer gern angenommen.


Polizei

Unter dem großen Dach des Gebäudes befand sich nach dem 1. November 1997 bis zu dem Umzug in das Gebäude der ehemaligen Kreissparkasse im Jahre 2018 auch die aus den Polizeidienststellen Kastorf, Krummesse und Berkenthin zusammengefasste zentrale Polizeistation Berkenthin. Die Polizeibeamten wurden von dem (damaligen) Amtsvorsteher Adolf Martens, dem Leitenden Verwaltungsbeamten und den Mitarbeitern des Amtes mit dem Wunsch nach einer guten nachbarschaftlichen Zusammenarbeit herzlich begrüßt.


Archiv

Die seit 1984 laufenden Bemühungen um die Bildung einer Archivgemeinschaft führten Ende 1992 zum Erfolg. Die Ämter Berkenthin, Breitenfelde, Nusse, Ratzeburg-Land, Sandesneben und Gudow-Sterley schlossen sich zu einer Archivgemeinschaft zusammen.

Erfreulicherweise wurde damit die Voraussetzung geschaffen, das Archivgut gegen Verlust zu schützen und nach Aufbereitung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Die Amtmänner bzw. Amtsvorsteher seit 1948

Seit der Gründung des Amtes Berkenhin standen folgende Amtmänner bzw. Amtsvorsteher in verantwortlicher Position an der Spitze des Amtsausschusses:

  1. 7. 1948- 3. 6 1960 Amtmann Otto Jürs, Berkenthin / Göldenitz
  2. 6 1960 – 29. 1. 1960 Amtmann Luhmann, Krummesse (kommissarisch)
  3. 7. 1960 – 22. 4. 1966 Amtmann Benthien, Rondeshagen
  4. 4. 1966-31.3. 1970 Amtmann /Amtsvorsteher Saß, Sierksrade
  5. 4. 1970- 30. 6 1970 Amtsvorsteher Koltze, Kastorf (beauftragt)
  6. 7. 1970 – 6 5. 1974 Amtsvorsteher Saß, Sierksrade
  7. 5. 1974 – 6 5. 1982 Amtsvorsteher Hafner, Düchelsdorf
  8. 5. 1982 – 8. 6 1990  Amtsvorsteher Kunze, Klempau
  9. 6 1990 – 31.12.2006 Amtsvorsteher Martens, Behlendorf
  10. 1.2007 – 12.3.2007 1. stv. Amtsvorsteher Bartels, Klempau
  11. 3.2007 – 02.07.2018 Amtsvorsteher Bartels, Klempau
  12. 2.7.2018 – 10.07.2023 Amtsvorsteherin Iris  Runge, Sierksrade
  13.  ab 10.07.2023 Amtsvorsteherin Anja Dührkopp,  Göldenitz

Das Amt heute

Mit Wirkung vom 1.7.2017 wurde das Amt Berkenthin von einer ehrenamtlichen zu einer hauptamtlichen Amtsverwaltung umgestellt. Seitdem wird das Amt nicht mehr von einer ehrenamtlichen Amtsvorsteherin bzw. einem ehrenamtlichen Amtsvorsteher geleitet, sondern von einer hauptamtlichen Amtsdirektor, nämlich dem früheren Leitenden Verwaltungsbeamten des Amtes, Herrn Frank Hase.

75 Jahre nach seiner Gründung ist das Amt Berkenthin eine moderne Verwaltungseinheit.

32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und drei Auszubildende sind für ca. 8.650 Einwohnerinnen und Einwohner in den elf Gemeinden des Amtsbezirkes Berkenthin zuständig. Die in allen Verwaltungsbereichen um ein Vielfaches gestiegenen Aufgaben und Anforderungen sind mit den Dienstleistungen in den Gründerjahren nicht mehr zu vergleichen. Nichts erinnert mehr an den Drei-Mann-Betrieb in einem Zimmer im ,,Gaulschen Haus“.  Aber wie von Beginn an sieht sich das Amt Berkenthin als heute  moderner Dienstleister  mit seinen vielfältigen Aufgaben dem Wohle der Bewohner des Amtes verpflichtet.