Erneuter Blitzschlag 1897
Aber schon wenige Wochen nach diesem Besuch, am 4. September 1897 um 2 Minuten nach 6 Uhr wurde der Kirchturm erneut von einem „kalten Schlag“ getroffen. Wie Pastor Lüders in der Berkenthiner Kirchnchronik schreibt, hatte der Küster gerade den Turm besteigen wollen, um die Betglocke zu läuten, war aber durch das Gewitte davon abgehalten worden, so dass er ohne Schaden davonkam. Als der Pastor durch den Ruf „Der Turm brennt!“ vor die Tür des Pastorats trat, sah er schon einen Feuerbogen über dem Turm. Der Turmhelm brannte bis auf die Mauern nieder, jedoch blieben die Kirche selbst und auch die umliegenden Häuser verschont. Allerdings zersprangen durch die Hitze und den Druck die wertvollen Turmfenster und die Turmuhr. Auch wurde die schon lange reparaturbedürftige Orgel in Mitleidenschaft gezogen. Der Brand war damals der Grund für die in den Folgejahren durchgeführte grundlegende Sanierung der Kirche.
Interessante Entdeckungen
Die Renovierung war schön länger geplant gewesen, da sich die Kirche im ausgehenden 19. Jahrhundert in einem schlechten Bauzustand befand. Der Brand des Kirchturms 1897 und die Zerstörung eines Teils des Innenraums wurde nun zum Anlass genommen, die Pläne endlich in die Tat umzusetzen. Da sich die Frage der Finanzierung längere Zeit hinzog, ging man im Vorfeld der Bauarbeiten im Sommer 1898 daran, die Innenwände der Kirche genauer zu untersuchen, da hinter der weißen Tünche alte Wandmalereien vermutet wurden.
Der Hamburger Historienmaler Heinrich Saffer (*1856; † 1936), der zuvor die Berliner Versöhnungskirche ausgestaltet hatte, konnte schließlich sowohl über dem Mittelbogen als an den beiden Seitenwände wertvolle Malereien aus der Zeit des Kirchenbaus im frühen 13. Jahrhundert freilegen. Zum Vorschein kamen eine Darstellung des Jüngsten Gerichts und überlebensgroße Apostelfiguren, darunter Petrus und Paulus.
Weiterhin fanden sich noch zwei in gotischer Zeit gemalte Köpfe. Nach allgemeiner Auffassung war das Kirchenschiff um 1300 von einer Lübecker Werkstatt in dieser Weise ausgemalt worden, dann waren die Werke aber offensichtlich im 16. Jahrhundert dem reformatorischen Übereifer zum Opfer gefallen und einfach übertüncht worden. Saffer wurde bei diesen Untersuchungen von dem Klein Berkenthiner Maurergesellen Heinrich Schwarz unterstützt. Da noch keine Baugerüste aufgestellt waren, mussten sich beide in dem hohen Kirchenraum mit langen Leitern behelfen, wie Pastor Lüders bemerkte. Am 17. Oktober reiste der preußische Landeskonservator Geheimrat Persins aus Berlin an, um die Malereien zu begutachten. Er unterstütze schließlich die Gemeinde in ihrem Entschluss, diese zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
Nach Sicherung der Finanzierung, wozu auch diverse Einzelspenden und Spendenveranstaltungen beitrugen, begann dann am 14. April 1899 der Wiederaufbau bzw. die Restaurierung der Berkentiner Kirche.
Im Zuge dieser Arbeiten wurde auch die ehemals flache Holzdecke durch das heutige Kirchengewölbe ersetzt. Bautechnische Untersuchungen des Mauerwerks hatten zuvor ergeben, dass aus unbekannten Gründen dieses schon früher geplante Kreuzrippengewölbe nie zur Ausführung gekommen war. Für diese Annahme spricht, dass die Wandmalereien auch in den Ecken angetroffen wurden, welche – wie (es) seit 1899 wieder der Fall ist – beim Gewölbebau verdeckt wurden. Begibt man sich aber heute auf den Boden der Kirche und wandelt über das Gewölbe, entdeckt man noch Reste dieser Wandmalereien zwischen den Wölbungen.
Da die vorherige Dielendecke sehr hoch war, hatten diese vorher die Wände des Kirchenraums geschmückt. Andere Überlegungen gehen indes davon aus, dass die Kirche tatsächlich schon früher ein solches Gewölbe gehabt hatte, welches dann aber bereits in der Frühzeit des Gebäudes zerstört wurde oder eingefallen war.
Mit den Maurerarbeiten wurde nun der hiesige Maurermeister Heinrich Hagen beauftrag. Die Wiederherstellung und Ergänzung der Wandmalereien wurde von dem Kunstmaler August Wilckens aus Ladegaard bei Haldersleben übernommen. Zur Sicherung der Finanzierung der Restaurierung wurden, wie bereits erwähnt, damals in heutige Manier bereits immer wieder Spendenkonzerte durchgeführt. Für heutige Verhältnisse erstaunlich: Nach nicht einmal einjähriger Bauzeit fand am 25. Februar 1900 dann die feierliche Wiedereröffnung der restaurieren Kirche im Rahmen einer feierlichen Veranstaltungen und im Beisein vieler Honoratioren statt.
Eine andere Veränderung der Kirche betraf den Neubau einer Sakristei, die sich noch heute an der Nordseite der Kirche befindet. Hier befand sich bis dahin die Gewölbegruft der Familie von Tode aus Rondeshagen, in der 14 Särge mit teils historischen Inschriften standen. Da das Gewölbe dem geplanten Neubau der Sakristei weichen musste, wurden die Särge nach einer Ansprache des Pastors im Beisein der Kirchengemeinde am 5. April in ein unmittelbar daneben ausgehobenes Gemeinschaftsgrab umgebettet. Ob bei dieser Gelegenheit auch die auf alten Stichen sichtbaren Fachwerkvorbauten vor dem Südportal und unter der Ostwand abgetragen wurden oder bereits nicht mehr bestanden, kann nicht mehr geklärt werden.