OT Kählstorf

älteste Darstellung Kählstorfs von 1609 (oben am linken Rand über der Stecknitz)

zu den einzelnen Kählstorfer Hofstellen hier

Wann  Kählstorf genau gegründet wurde ist leider nicht bekannt. 1230 wird es noch nicht im Ratzeburger Zehntregister genannt und war somit noch nicht vorhanden. Die erste Erwähnung findet Kählstorf 1292 als Koselstorpe im Ratzeburger Hufenregister (S. 51), dann wieder 1321 (SHRU III, 448, Or). Damit dürfte Kählstorf ähnlich wie Kastorf, das ursprünglich ebenfalls zum Kirchspiel Berkenthin gehörte, um 1250 gegründet worden sein.

Antje Schmitz (Autorin von: Die Ortsnahmen des Kreises Herzogtum Lauenburg und der Stadt Lübeck) führt den Ortsnamen auf den polabischen Vornamen „Kozel“ zurück. Also bedeutet Kählstorf  „Dorf des Kozel“. Da es sich bei ihm dann vermutlich um einen Slaven handelte, könnte Kählstorf ähnlich wie Klein Berkenthin ein Rückzugsort der hiesigen Slaven gewesen sein.


1321 Die Gebrüder Johannes Luderus und Herman von Hagen bewilligen dem Herzog Erich von Sachsen-Lauenburg den Wiederkauf der höheren Gerichtsbarkeit in den Dörfern Klempau, Kählstorf und Sarau und in ihren Höfen. Ratzeburg, den 7. August 1321

1378 verkaufte Emeke Schiphorst für 75 M. die Hälfte des Dorfes Kählstorf ( ville Kozelstorpe) an Nikolaus Krukowe (Ausfertigung: Pergament ; Siegel der Herzogin , des. 1378 November Eintragung im Lübecker Niederstadtbuch (UBStL IV, 353, Or.). Emeke Schiphorst könnte ein Sohn des Lübecker Eccardus Schiphorst (†1368), Marschall des Rates, gewesen sein. Nicolaus Krucow wohnte 1378 am Klingenberg in Lübeck. Er war verheiratet mit Kunna, Witwe des Johannes Lancow und verstarb zwischen 1383 und 1389.


Am 24.  Mai  1403: Johann von Dulmen, Bischof von Lübeck, bestätigt eine von dem Priester Johann Abbendorp und den Bürgern Bernhard von der Beke und Heyno Bredeveld als Vorsteher der Marien-Brüderschaft an einem neu erbauten Altar in der Jacobi-Kirche gestiftete und mit 24 Mark jährlicher Einkünfte ausgestattete Vicarie, von welchen Einkünften 16 Mark von Otto von Crummesse († nach 1424) in dessen Dorfe Kählstorf und 8 Mark von Heinrich (VII) von Crummesse († nach 1418) in dessen Dorfe und Hofe Anker gekauft sind. Der Vicar soll actu sacerdos sein, wird jedoch nur zum Chordienst verpflichtet, das Präsentationsrecht den Älterleuten der Brüderschaft übertragen, für den Fall jedoch, dass diese sich auflösen sollte, dem Bischof und dessen Nachfolgern vorbehalten. (Verzeichnet: UBStL 5,73, nach dem Diplomatarium Lubicense
Gedruckt: UBBL 2,1269)


1433 Entscheidung eines Streits zwischen Otto Stake und Hartwich (III) von Crummesse († nach 1451) über das Dorf Göldenitz durch den Rath von Lübeck. 14. Dezember 1433 Darin: „…he [Otto Stake] schal sik ok de wyle mit dem dorppe Kolestorpe nicht beweren.“ 


Aus diesen Urkunden geht hervor, dass Kählstorf ursprünglich der Familie von Crummesse gehörte. Der letzte von Crummesse dieses Zweiges, Hartwich von Crummesse, lebte auf seinem Hof im benachbarten Klempau. Nach seinem Tod zwischen 1451 und 1456 gelangte sein Besitz an den Lübecker Bürger Hinrich Stark. 


1440 Kolstorpe, Koelstorpe (LASH Abt. 400.2, Nr. 49 Kopialbuch S. 5 und 6). 


1456: Das Domkapitel in Lübeck bestätigt die Stiftung einer Vikarie in der Kirche des St. Johannis Klosters, welche aus dem Nachlass des verstorbenen Klostervogts Marquard Timme mit einer Rente von 30 Mark aus den Dörfern Göldenitz und Kählstorf (Kolstorpe parochie Parkentyn) ausgestattet worden ist. 14. August 1456 (Verzeichnet: UBBL 3,1743 Gedruckt: UBStL 9,362, nach weiterer Ausfertigung im Archiv Lübeck.)


1477 Herzog Johann V. für etliche Untersassen aus „Kolstorpe“ gegen Hynrick Surynck und Smyth wegen Beschlagnahme eines von Berndt Darsow gekauften Wagens und dessen Pferden, 1477 (AHL ASA Ext. Nr. 2538)


Vor 1477 muß Kählstorf dann wieder in herzoglichen Besitz gelangt sein und gehörte von da an zur Vogtei / Vorwerk Klempau. Das bedeutete, dass die Kählstorfer ihre Hofdienste auf dem herzoglichen Hof/Vorwerk Klempau leisten mussten und ihr Korn auf der Bornmühle in Krummesse mahlen lassen mussten. 

Die ersten namentlich genannten Kählstorfer waren 1517 die Hufner Hans Gerdes, Lutke Kron, Hans Stolte, Merquerth Molt und der halbhufner Titke Segemunth. Da Hans Gerdes als erster genannt wird, handelt es sich bei ihm vermutlich um den damaligen Bauernvogten. Die Familie Segemunth/Sedemund war somit fast 500 Jahre in Kähltorf ansässig (s.a. Höfefolgen).


1546 werden die Kählstorfer Helmke und Paul Sedemund in einem Rechtsstreit genannt ( „Sassen und Holstenrecht in praktischer Anwendung“ G.W. Dittmer, Lübeck 1843).

1546 liegt uns auch eine weitere Liste Kählstorfer Bauern vor. Die 5 Hufner und ein 1 Kätner müssen zusammen 33 Mark und 10 Schilling an Abgaben leisten. Hinzu kommen noch Bedehühner, Ochsengeld u.a. zusammen 62 Mark 6 Schilling.

(AHL Kämmerei 2710)


1552 „de Kalstorper sint jarlike tho geven angeschlagen 12 M aflager gelt sollen jarlicker man 10 M gegeven is 12 M. Mer sint von 8 Jaren gemeine weide gelt schuldig 6 M“ (LASH Abt. 210 Nr. 684).

Wir schreiben das Jahr 1585.

Der Lauenburgische Herzog hatte 1574 verfügt, dass das Dorf Schenkenberg wegen Schulden des Besitzers Thomas von Calven an den Berliner Kaufmann, kurfürstlich-brandenburgischen und königlich-schwedischen Lehensträger und Untertan Jürgen (Georg/Jöran) Eckhardt (*1539; † nach 1609) gehen sollte. Dieser verpfändete das Gut im selben Jahr dann für 5.000 Mark an Josua von Qualen († 1586) und ging nach Schweden (s.a. Biografie Otto Helmer von Mörner). Die Besitznahme eines adeligen Gutes durch einen Bürgerlichen galt im 16. und frühen 17. Jahrhunderts noch als anstößig und die von Calven taten natürlich alles, um wieder in den Besitz ihres Gutes zu gelangen. 1578 verstarb Thomas von Calven allerdings. Die Vormünder seiner Kinder, Magister Andreas Pouchenius d.Ä. (*1526; † 1600) und Simon Pfeil zogen alle Register, um die Kinder wieder in ihr Erbe einzusetzen. Sie beschuldigten Eckhardt mit Catharina Storck, Frau des Rupert (Robert) Storck, Ehebruch begangen zu haben und hatten sogar gegen ihn einen Prozeß wegen angeblicher Sodomie eingeleitet. So sah sich Herzog Franz I. gezwungen Eckhardt Schenkenberg wieder zu entziehen und erteilte einen Haftbefehl gegen ihn. 1585 wurde er dann mit Catharina Storck in Schenkenberg verhaftet. Aber damit sind wir den Ereignissen schon ein Stück voraus geeilt. Vorher gab es da noch eine irrtümliche Verhaftung im Krug in Kählstorf: 

… am 12. nechst abgeloffenen Monats Martii dises 85ten jahres, Im einem Nieder Sächsischen Dorff Crolstorff genant, so ein halb meil weges von Appelanten guth Schenkenberg gelegen in Kruge daselbst, durch I.F.G. Krüger zue Crummesse, Hannß Krackhe, undt Vogten, von seinem Mayerhove zue Klempöw zue nacht schlaffender Zeit mit einer ziemblichen Anzahl Paurern , mit Äxten Spießen, Müstforkhen und Langen Rohrn einfallen undt Ihm George Eckharden suchen lassen Ihnen gefenglich zu nehmen naher Ratzenburg führen wollen, wie Sie dann eines Andern domahlen im Kruge zue herberge undt im Bett schlaffendt liegend diener vermeint es were Georg Eckhardt diener daß Angesicht und Naß zerschlagen undt Ihn gefangen wollen nehmen, auch seinen herren im Bett für Georg Erhardten die weil er auch Georg geheißen überlassen…

 

Der Krüger und Bauernvogt Helmke Sedemundt war ein Schwager des Hans Kracke († nach 1591) aus Krummesse. Kracke war der ehemalige Diener Herzog Franz I. und vormaliger Amtsschreiber in Ratzeburg, seit 1577 nun aber Krüger in Krummesse. So kann man sich schon vorstellen, wie das ganze abgelaufen sein mag. Rufen wir uns zunächst noch einmal ins Gedächtnis, dass Kählstorf damals noch  an der wichtigen Verkehrsverbindung von Lübeck nach Hamburg lag, also quasi der Krug eine Gaststätte/Motel an der A1 war. Die Verhältnisse auf dem Gut Schenkenberg waren auch in Kählstorf gut bekannt und waren oft Gesprächsthema am Sonntag nach dem Kirchgang in Krummesse. Waren doch die Schenkenberger und die vom Klempauer Hof gemeinsame Kirchgänger in Krummesse und die Kählstorfer ja dienstpflichtig auf dem Klempauer Hof. 

Sedemund hatte am Abend des 12. März 1585 einen vornehmen Gast mit Diener zur Nacht aufgenommen. Da dieser sich als Georg vorstellte und aus Richtung Lübeck kam, schlußfolgerte er kurzerhand,  dass es sich bei diesem Mann, um den gesuchten Georg Eckhardt handeln müsste und schickte sofort seinen Knecht nach Krummesse, um seinen Schwager zu benachrichtigen. Dieser organisierte in Windeseile zusammen mit dem Vogt vom Klempauer Hof  eine Schar von Bauern, bewaffnet mit Äxten, Mistforken und Musketen und machte sich auf nach Kählstorf. Nach knapp einer Stunde Wegstrecke stand man vor dem Hof Sedemundt. Die Bauern umstellten das nun von Fackeln hell erleuchete Haus, damit keiner entkommen konnte. Kracke und der Vogt traten mit ein paar Männern in die Gaststube ein, wo sie schon der Wirt Sedemund erwartete. Dieser zeigte Ihnen die Kammern in denen die beiden Fremden logierten. Erst stürmte man in Kammer des Dieners und riss diesen grob aus dem Bett. Der Diener versuchte sich noch zu wehren, wurde aber gleich überwältigt und niedergeschlagen. Kaum weniger wild ging es gleich darauf im Nachbarzimmer des Herrn Georg zu, sein Nachname ist leider nicht überliefert. Auch dieser wurde, ohne ihn überhaupt anzuhören, festgenommen und in die Wirtsstube geschleppt. Die Gefangenen versuchten natürlich zu erfahren, wessen man sie beklagte und auch ihre Einwände, dass es sich hier wohl um eine Verwechselung handeln müsste, wurden nicht gehört. In aller Frühe ging es dann weiter nach Ratzeburg auf’s Schloß, wo sich dann in der dortigen Amtsstube der Irrtum erst klärte.

Das Ratzeburger Schloß um 1630 (gräfl. PA Bernstorff, Gartow)

Georg Eckhardt aus Berlin wegen des Gutes Schenkenberg. (LASH Abt. 390 Nr. 117, 118, 120; Abt. 210 Nr. 3615; AHL RKG E05)

Herzog August von Sachsen-Lauenburg

1628: Herzog August tritt Kählstorf an seinen Amtmann Andreas Hundt ab.

Der Notar Reimar Leo urkundet über die Abtretung des Dorfes Koelstorp an Andreas Hundt, Amtmann zu Ratzeburg, durch Herzog August von Sachsen-Lauenburg von 1628 September 29 (transsumiert) und Zustimmung des Herzogs Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg 1628 Oktober 27 (transsumiert) und des Herzogs Franz Julius von Sachsen-Lauenburg von 1629 Juli 6 (transsumiert).

d.d. 1630 Juni 3 Donnerstags vor Medardi. LASH Urk.-Abt. 210 Nr. 971


1641: Bitte der Kählstorfer Bauern an den Herzog um Verringerung der Hofdienste und um Buschwerk zum Bau von Zäunen.

Durchlauchtiger Hochgeborener Fürst, Gnädiger Herr, Neben Erbietung Unser unterthänige und gehorsamen dienste, können Wir armen Unterthanen zu Köhlstorf E.F.G. nicht verhalten, wie daß nach dem der Gewesene Amtmann Andreas Hundt, unser Dorff von E.F.G. gekauft, Ein groß theil Landes auff etzliche Last Kornß sich erstrecket genommen und zu seinem Aufnehmens und besten in 2 Koppeln geschlagen, wo durch denn dem Dorffe ein groß abbruch geschehen, doch hat ers hinwieder mit uns gemacht, daß wir uns keiner Anbilligkeit üeber ihn beschweren können, Weil wir nicht allein unter ihm eine liederlichen Hoffedienst gehebb, sondern auch in den Schweren Korn- Geld-Pächten freundlich gewesen ist, deßen wir ihm billig zu danken haben, wan wir denn nunmehr irgens vor Ein viertel theil von ihm unter Eide und Pflicht erlaßen, und E.F.G. wieder angewisen worden derer Wir auch alle Unterthänige und gehorsame Dienste zu leisten willig.

Wir aber befinden, daß wir nach dem Landtbuch die dienste und Pächte an gelde uns könne wie es im landbuch da wir noch alles landt gehabt, verzeichnet endtrichten sollen welches uns doch ein Wahre Unmüglichkeit. Alß bitten wir demütig und um Gottes Willen E.F.G. uns die dienste neben den Pechten in etwas wolle miltern auch den Unterbusch zu erhaltung unser Zäune in den Koppelen, wie Andreas Hundt uns solche vorgünnt, in gnade folgen laßen wollen, solches unser demütiges ansuchen, weil es der Billigkeit gemäß, alß getrösten wir uns gnädiger erhörung, und wir seitens um E.F.G. mit unsern gehorsamen diensten nach allen Vermögen zue verdienen Schuldig und willig, und Gott der Allmächtige wolle es E.F.G. reichlich vergelten. Die wir der neben deroselben Hochvielgeliebte Gemahlin jungen beste Prinzen und Freulein in Gottes Gnaden Schutz wollen empfohlen haben, neben Wünschung Eines langen gesunden Lebens und Glücklichen Regierung

Datum Kölstorf den 17. Septembris Anno 1641

E.F.G sämtliche unterthänige und  gehorsame Unterthanen daselbst

LASH Abt. 2 Nr. 291


1641 wird Kählstorf dann an den Berkenthiner Pastor Petrus Hundt verpfändet (KrA RZ Abt. 1 Nr. 139).


Andreas Hundt war ein typischer und rauher Vertreter seiner Zeit und Profiteur des 30-jährigen Krieges. Er wurde 1582 in Ratzeburg als eines Bürgers Sohn geboren. Er heiratete ca. 1608 eine Elsche. Im Dezember des selben Jahres wurde seine erste Tochter, Marianne geboren. 1609 und 1610 verstarben zwei seiner Kinder in Ratzeburg. Ca. 1611 wurde sein gleichnamiger Sohn geboren († 1688 Mühlen-Eichsen). Von 1611 bis 1617 war er Ratzeburger Amtsschreiber dann Amtsvogt/Amtmann. 1617 starb seine Frau Elsche in Ratzeburg. Im September 1617 hatte er in Verteidigung seines Herzoges den neuen Möllner Stadthauptmann Johann Lübberer in Fredeburg im Suff erschossen (s.u.). 1619 kaufte er den alten Hof in Wichmannsdorf/Meckl. (hzgl. Konsenz 1623). 1620 hatte er das Gut Hohewarte (liegt heute im Lübecker Stadtteil Marly) gepachtet (noch 1629) und wurde Anfang 1623 zum Lübecker Bürger angenommen. 1622 hatte er in Lübeck Margarethe Barten geheiratet. Ihm gehörten mehrere Häuser in der Stadt Lübeck (Fischergrube, Breite Str. u. Ritterstr.). 1626 erhielt er von Herzog August eine priviligierte Hofstelle mit Kruggerechtigkeit in Krummesse für seine treuen Dienste. 1628 trat der selbe Herzog im das Dorf Kählstorf ab. Von 1633 bis 1637 war er Pächter des Hofes/Vorwerk Anker. 1632 verkaufte er sein Haus am Kalten Damm in Schönberg/Meckl.. 1634 überließ der Mecklenburgische Herzog Adof Friedrich ihm das Amt Dömitz auf 10 Jahre.  1641 gab er an 21 Jahre Ratzeburger Amtmann unter Franz II. (1598-1619) und 10 Jahre unter August  (1619-1629) gewesen zu sein. Von 1641 bis 1654 war er Verwalter des Gutes Tüschenbek. 1641 kaufte er von Jobst von Bülow das Gut Käselow/Meck.. Dieses wurde ihm 1642 von Herzog Adolf Friedrich als Mannlehen verliehen. Er war mehrfach Zeuge im Streit um die Grönauer Heide. Er verstarb 1655 auf seinem Gut Käselow.

Seine Brüder waren der Ratzeburger Bürgermeister Hans Hundt 1622-1641 (RZ * ca. 1580; † RZ 1641) und der ab 1630 amtierende Berkenthiner Pastor Peter Hundt (RZ ca. 1585; †1663). Auch ist anzunehmen, dass die Berkenthiner Bauernvogtfamile Hundt, beginnend 1639 mit Heinrich Hundt zur selben Familie gehörte.

Zum Vorfall von 1617:

Zwischen dem Lübecker und dem lauenburgischen Zöllner, beide zu Fredeburg wohnend, war es zu einem persönlichen Streit gekommen. Um ihn in Güte zu entscheiden, trafen sich am 9. September in Fredeburg Hauptmann Johann Lübbers und der Ratzeburger Amtmann, Andreas Hundt, zu einer gemeinsamen Aussprache. In Begleitung des ersteren befanden sich Hermann Dißmann, der Stallbruder Valentin von Cossel und ein reisiger Knecht. Andreas Hundt kam mit dem Ratzeburger Stadtschreiber Martinus Markgraf.

Nach den schnell verlaufenden Verhandlungen im sächsischen Zollhaus, bei denen sich die Zöllner verpflichteten, „auf beiden theilen handt und mundt zu vermeiden und auch vornehmlich aller Thätlichkeit zu enthalten bei Poena 60 Mark“, vereinigten sich die Teilnehmer an der Versammlung zu einem Mahl. Kurz vor Beendigung desselben erschien plötzlich der von der Jagd kommende Herzog August, der dem Ratzeburger Amtmann gegenüber den Wunsch äußerte, sich noch ein Stündlein oder zwei mit den Herren zu ergötzen. Man setzte sich von neuem zu Tisch, und nun begann eine wüste Zecherei, deren erstes Opfer der Stadtschreiber Hermann Dißmann wurde, der in Stiefeln und Sporen aufs Bett geworfen wurde. Der Schlußteil des Berichtes beruht auf Mitteilungen des bei der Tafel aufwartenden Hans Burtt. Johann Lübbers hatte schon sein Pferd bestiegen, als er ein weiteres ihm von dem Herzog angebotenes Glas Wein auf die Erde warf, zog der Fürst sein Schwert, während Lübbers zur Pistole griff. Ein auf ihn von einem Knechte des Herzogs abgegebener Schuß traf das Pferd des Vogtes in den Hals. Lübbers fiel infolge seines übermäßigen Rausches auf die Erde. Als er sich erheben wollte, traf ihn ein zweiter Schuß so schwer, dass er am folgenden Nachmittag, den 10. September, starb.

1652 kommt es in Klempau zu einem Hexenprozeß gegen Catharina Krohn: … Catarine Cronische zu Klempau in gerichtliche Haft und Bewahrung zu bringen und darauf die Untertanen zu Klempau und Kählstorf vor sich zu fordern , und was sie von ihr wissen und wie ( sie ) zum öfteren den Leuten bös gewünscht. (LASH Abt. 210 Nr. 1552, Nr. 1721). 

Das „finstere Mittelalter“ war längst vorüber – glaubten unsere Vorfahren tatsächlich noch an Hexen und Teufel? Die Vernehmungsprotokolle sprechen dafür! Die Hexenjagd war eher ein Phänomen der Neuzeit und hatte zwischen 1550 und 1650 ihren Höhepunkt: Pest, Hungersnöte und Kriege plagten die Bevölkerung. Da waren Sündenböcke höchst willkommen. Aber auch andere Vorurteile und Irrtümer halten sich trotz anderslautender Tatsachen. So waren die weiblichen Opfer nicht nur Heilkundige und Hebammen, wenngleich diese Frauengruppe besonders gefährdet war – eine lästige Konkurrenz für die aufkommende, männer­dominierte moderne Medizin.

Die Hexenprozesse verliefen immer nach dem gleichen Schema ab, nach den  Regeln des “Hexenhammer” (Malleus maleficarum) von Jacob Sprengler und Hinrich Institoris von 1487. Festnahme in den frühen Morgenstunden, Verhör, Entfernung jeglicher Körperbehaarung, Folter ersten Grades, Frage nach den Mitverschworenen, Folter zweiten Grades, Urteil, Scheiterhaufen. Wer ein Geständnis ablegte und dem Teufel abschwor, dem wurde die Gnade erwiesen, vor der Verbrennung enthauptet oder erwürgt zu werden. Ein Entkommen gab es nicht. Die Familienangehörigen distanzierten sich so schnell wie möglich, weil es sowieso hieß, dass die Hexerei auf die Kinder vererbt werden kann. Und auch die Freunde waren plötzlich keine mehr, denn: Wer für eine/n Hexe/r spricht ist selbst mit dem Teufel im Bunde! Aus diesem Grunde gab es auch keine rechtliche Verteidigung.

Die Kählstorfer Flurkarte von 1776 offenbart hierzu noch ein weiteres Geheimnis. Hierauf wird die heutige Hofstelle Bartels als „Wickenhof“ bezeichnet, also der Hof der Wiggers. Wigger bedeutet im niederdeutschen Hexer/Zauberer. In den Klempauer Hofrechungen wird 1552 noch ein Markwart Wigger gennant, der zu dieser in Kählstorf ansässigen Familie gehört haben könnte.

Kählstorf Ortsmitte 1776 mit Wicken Hof (Ausschnitt Karte LASH Abt. 402 A 5 Nr. 175)

1659: gehörte Kählstorf wieder zur Vogtei/Vorwerk Klempau (s. Urbarbuch). Da Kählstorf aber noch nicht im Amtsbuch von 1652 enthalten ist, muss der Rückfall zwischen 1652 und 1659 geschehen sein. Dies deckt sich auch mit dem Tod von Andreas Hundt (†1655), so dass der Rückfall wohl 1655 geschah.


Hornviehseuche

Ab 1745 grassiert in unserem Land die sogenannte Hornviehseuche, wobei die inneren Organe befallen werden, die Lunge „mürbe“ wird und das Verdauungssystem versagt. Die Tiere sterben qualvoll in großer Zahl. Es ist zu dieser Zeit kein Mittel dagegen bekannt. Man versucht durch Quarantänemaßnahmen der Seuche Herr zu werden, doch dies gelingt meist nicht, da man die Übertragungswege nicht kennt.

1752: Ratzeburg den 7. Jan. In diesem Amte ist die Seuche in einem einzigen Hause zu Kählstorf und äussert sich weiter nicht. (Hannoversche Anzeigen Jan. 1752)

 

1779 wurde Kählstorf und Groß Berkenthin verkoppelt.

Es folgen die beiden Karten vor und nach der Verkoppelung.

Mehr zur Verkoppelung hier.

Flurkarte Kählstorf 1776; Zeichner: August Heinrich Bonsack (LASH Abt. 402 A 5 Nr. 175)
Karte Kählstorf nach der Verkoppelung 1779 (LASH Abt. 402 A 5 Nr. 176)

 

1754-1779 Die Verpachtung der Kählstorfer Koppel, imgl. die Vermessung der Kählstorfer Koppel (LASH Abt. 212 Nr. 712) muss noch bearbeitet werden!

Nach der verlorenen Schlacht bei Lübeck 1806 wurde vermutlich auch Kählstorf von den Franzosen geplündert.

Ab dem 1. Januar 1811 gehörte Kählstorf dann wie auch Groß und Klein Berkenthin als Teil der Marie Kulpin zum Kanton Ratzeburg. Der wiederum ein Teil der Unterpräfektur (Arrondissement) Lübeck im Département des Bouches de l’Elbe (dt.: Departement der Elbmündung)  und war damit ein Teil des ersten Französischen Kaiserreichs, quasi der „Echte Norden Frankreichs“. 

1812 hatte Kählstorf 73 Einwohner. Das bedeutete auch, dass hier nun der Code Civil und damit die allgemeine Wehrpflicht galt. So wurde nun der Jahrgang der 1791 Gebohrenen gemustert und auch Kählstorfer mussten jetzt im Namen Napoleons für das Kaiserreich Frankreich kämpfen.

Mehr s. hier

General Randon de Pully

Während dieser Zeit gelangt Kählstorf in den Besitz des französischen Generals und Grafen Charles Joseph Randon de Malboissière, comte de Pully (*1751; †1832).

AHL ASA fremde Behörden und Gerichte , Tribunal Lübeck Nr. 166 Graf Randon de Pully, Paris ./. Sädemund, Pantelmann, Dohrendorf, Kählstorf, 1812 Jan. – 1813 März; AHL ASA fremde Behörden und Gerichte , Tribunal Lübeck Nr. 142 Graf Randon de Pully, Paris ./. 4 Vollhufner zu Kählstorf, 1813 Jan.26

Nach dem Sieg der Alliierten am 30. Mai 1814 wurden diese Verwaltungsbezirke wieder aufgelöst und Kählstorf gehörte wieder zum Amt Ratzeburg.

 

1837 zählte man in Kählstorf  9 Feuerstellen mit insgesammt 73 Einwohnen.

1856: Dorf an der Stecknitz, 1 1/4 Meilen nordwestl. von Ratzeburg, Amt Ratzeburg, Ksp. Groß Berkenthin; enthält 4 Vollhufen, 1 Viertelhufe, 3 Kathen und 2 Brinkbesitzer, Volkszahl: 90, Wirthshaus, Areal: 688 Morgen. 31 Quadratruthen. Der Boden ist ein guter Rockenboden, theilweise leicht.

Karte Kählstorf 1776 - 2022 (© G. Weinberger)
Der Weg von Berkenthin nach Kählstorf in früherer Zeit, Aquarell von Helga Dresow nach einer alten Forografie