Das Siechenhaus

vermutl. Darstellung des Siechenhauses und der Kapelle auf einer Karte von 1609 (in der Mitte oben am Rand)

Das Berkenthiner Siechenhaus lag auf der kleinen Anhöhe am nördlichen Ortsausgang, an der Kreuzung Lübecker Straße Ratzeburger Straße vermutlich auf dem Grundstück Ratzeburger Straße Nr. 7. Siechenhäuser gab es bspw. auch in Klein Grönau, Bad Schwartau, Travemünde, Lübeck-St. Jürgen, Ratzeburg und Mölln. Sie waren Stiftungen für  „zum Trost gebrechlicher und armer verlassener Leute“ und dienten ursprünglich zur Unterbringung von infektiösen Kranken (Lepra, Pest u.ä.). Bei Leerstand wurden sie aber auch für die Unterbringung der Dorfarmen genutzt. 

Siechenhäuser lagen für gewöhnlich abseits der Ortschaften. Zu einem Siechenhaus gehörte auch eine Kapelle, die meist dem Heiligen Stankt Jürgen gewidmet war. Der Überlieferung nach galt der heilige Georg (= Sankt Jürgen) als starker, heldenhafter Ritter, der im Mittelalter als Drachentöter verehrt wurde. So stellten sich die Aussätzigen unter sein Patronat (Schutzherrschaft) in der Hoffnung, dass er auch die Lepra bekämpfen und besiegen würde.

Gegründet wurden diese Siechenhäuser allesamt zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert und waren wohltätige Hospitäler die als Stiftung begannen. 1420 stiftete Henning Rene auch genannt Stonehavere, Bürger zu Lübeck sechs paar Schuhe sowie seinen Hopfenhof den Siechen zu Berkenthin. 1422 wird das Siechenhaus mit weiteren Siechenhäusern wie dem  in Klein Grönau und Dassow genannt, 1529 ebenfalls mit den Siechenhäusern in Grönau und Schwartau.

Kapelle zum Siechenhaus in Klein Grönau 1858
Kapelle zum Siechenhaus in Dassow
Kapelle zum Siechenhaus in Travemünde

Leider ist nicht überliefert wie das Berkenthiner Siechenhaus und die dazugehörige Kapelle aussah. Das Siechenhaus samt Kapelle  ist aber vermutlich auch auf der Stitenschen Karte von (1609) mit abgebildet. Links unterhalb der Straßenkreutzung Ratzeburger Straße – Lübecker Straße die Kapelle, darüber das Siechenhaus selbst (s.o. Kartenausschnitt). So ist auch anzunehmen das es sich bei der Kapelle um einen kleinen massiven Ziegelbau gehandelt hat wie in Grönau, Dassow oder Travemünde.

Mit dem verschwinden der Lepra in der Mitte des 15. Jahrhunderts und der Reformation am Beginn des 16. Jahrhunderts wurden diese Hospitäler meist in Armenhäuser umgewandelt. Burmester schreibt: Es war zu Berkenthin ein Siechenhaus, welches noch 1590, freilich als sehr verfallen, angeführt wird. 1655 wird in den Kirchenrechnungen noch eine „Olde Anna“ aus dem Siechenhaus genannt. Für das Läuten der Kirchenglocke (Glockengeld) wurde nichts gegeben, vermutl. weil diese als Arme im Siechenhaus untergebracht war und über keine eigenen Mittel verfügte. Das bedeutet aber auch, dass das Siechenhaus 1655 noch Stand und als Armenhaus genutzt wurde.

S.a. Flur Seekenbarg/Siechenberg (1774).  Spätestens 1706 ist das Siechenhaus nicht mehr vorhanden, da hier für den nun in Berkenthin lebenden Ratzeburger Amtsvogt Hinrich Voss eine Katenstelle auf Kirchenland entsteht.