Die alte Straßenbrücke über den Elbe-Lübeck-Kanal war im Jahr 1900 von dem Ingenieur E. Scheufler geplant und von der Stahlbaufirma Beuchelt & Co aus Grünberg in Schlesien gebaut worden. Dieselbe Firma baute beinahe zeitgleich auch die benachbarte Fußgängerbrücke. Beide Brücken wurden als genietete Stahlgitterkonstruktionen mit Halbparabel-Fachwerkträgern gefertigt.
Die im August 1900 aus Beton gebauten Widerlager der Straßenbrücke waren dabei noch auf Holzpfählen gegründet. Die Stahlkonstruktion hatte eine Stahlmasse von rund 75 t bei einer Stützweite von 40,30 m (13 Felder von jeweils 3,10 m). Zuletzt betrug die Belastbarkeit im Verkehr nur noch 12 t, nachdem sie mehrfach von zunächst 20 t herabgestuft worden war. Bei einer Fahrbahnbreite gab es lediglich einen 1 m breiten Fußweg auf der Nordseite. Nach 100 Jahren entsprach die Brücke damit nicht mehr den Anforderungen des modernen Straßenverkehrs und musste aus Sicherheitsgründen durch einen Neubau ersetzt werden.
Die neue fertig gestellte Stahlbogenbrücke hat jetzt zwei Fahrstreifen von insgesamt 6,50 Meter, einen kombinierten Geh- und Radweg mit 2,50 Metern sowie einen Gehweg von 1,75 Metern. Damit sich das wesentlich größere Bauwerk harmonisch in das Ortsbild von Berkenthin einfügt, wurde der Bogen bewusst flach gehalten. Die Widerlager wurden ortstypisch verblendet. Um der Entwicklung des Elbe-Lübeck-Kanals Rechnung zu tragen, wurde die neue Brücke in Länge und Durchfahrtshöhe für eine mögliche Kanalerweiterung auf das Großraummotorschiff mit zweilagiger Containerladung ausgelegt.
Das besondere an dieser neuen Straßenbrücke in Berkenthin ist, dass sie in Deutschland die erste ist, die eine integrierte Fahrbahnheizung hat, um sie im Winter zu bestimmten Zeiten eisfrei zu halten. Denn ein großes Problem für die Verkehrssicherheit ist vor allem Blitzeis, welches bei bestimmten Winter-Wetterlagen auftritt. Eine sehr große Unfallgefahr besteht für die Verkehrsteilnehmer nämlich genau dann, wenn die erdgebundene Fahrbahn noch eisfrei ist, die Brückenfahrbahn aber bereits aufgrund der geringeren thermischen Massen und der fehlenden Erdanbindung der Fahrbahn vereist. Dieser abrupte Wechsel der Fahrbahnsituation insbesondere an Talbrücken führt deshalb häufig zu tragischen Unfällen. Um eine Angleichung der Fahrbahnverhältnisse auf der Zubringerstraße und der Brückenfahrbahn selbst zu erreichen, wird umweltfreundliche Erdwärme genutzt. Im Sommer wird die überschüssige Wärme in der Fahrbahndecke über das zur Kühlung umfunktionierte Fahrbahnheizregister abgeleitet, um das Bauwerk zu schonen, den Verschleiß der Asphaltdecke und die Bildung von Spurrinnen zu verringern.
Als geothermische Quellenanlage dient ein Brunnen, der in ca. 100 m Tiefe abgeteuft wurde. Die thermische Energie wird über eine Wärmeübertragerstation
direkt eingespeist. Eine intelligente Mess- und Steuertechnik überwacht dabei dauerhaft die Temperatur auf der Fahrbahn und der Umgebung. Wird die kritische Temperaturgrenze erreicht, wird der Heizbetrieb aktiviert.
Erreicht der Fahrbahnbelag im Sommer 50ºC wir der Kühlbetrieb zugeschaltet und die Wärme wird abgeführt. Für die Herstellung des Fahrbahnregisters wurden insgesamt etwa 6.300 Meter der RAUGEO stabil Rohre verlegt, die für eine umweltfreundliche Temperierung der Brücke sorgen.
Stellvertretend für das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung hat Verkehrs-Staatssekretärin Dr. Tamara Zieschang am Donnerstag die erste bundesweit erste Brücke mit beheizter Fahrbahn freigegeben. Nachdem die Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal im Zuge der B 208 bereits im Dezember 2010 für den Verkehr freigegeben werden konnte, wird nun – rechtzeitig vor Einbruch des Winters – die Geothermie-Anlage in Betrieb genommen. Mit diesem Pilot-Projekt gehen Schleswig-Holstein und der Bund neue Wege bei der Vermeidung von Glatteisunfällen.
Wie Frau Dr. Zieschang berichtete, erhoffen Bund und Land sich von der neuen Technik eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. „Aufgrund der besonderen klimatischen Situation in Berkenthin sind in den frühen Morgen- und Abendstunden zahlreiche Frost-Tau-Wechsel zu verzeichnen. Insbesondere bei der exponierten Lage der Kanalbrücke ist vermehr mit Glatteis zu rechnen. Die Beheizung der Fahrbahn durch das rund elf Grad warme Wasser aus 80 Metern Bodentiefe beugt der Glatteisbildung vor und kann damit effektiv Unfälle verhindern“, so die Staatsekretärin vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. Das Projekt dient der Verkehrssicherheit und wird von der Bundesanstalt für das Straßenwesen wissenschaftlich begleitet.
Die Gesamtkosten des Kanal-Brückeneubaus betragen rund 9,7 Mio. Euro – davon wurden eine Million Euro in die Geothermie-Anlage investiert – und werden vom Bund finanziert.
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(Quelle: Text und Fotos Horst Kömme)