Brücken

älteste Darstellung der Schleuse und Brücke 1609

Furt/Brücke: Früher führte die Straße (heute Oldesloer Straße) nicht wie heute über eine Brücke über die Stecknitz sondern durch eine Furt unterhalb der Schleuse, die sogenannte Kuhfurt. Die älteste Verbindung zwischen Groß und Klein Berkenthin war aber vermutlich eine Furt durch die Stecknitz, dort wo sich heute die Fußgängerbrücke befindet. Diese konnte nach dem Schleusenbau um 1335 nicht mehr genutzt werden, da sich hier ja das Wasser staute und man deshalb dann den weiteren Weg unterhalb der Schleuse nehmen musste. Aber eine Brücke gab es später (vor 1609) dennoch zwischen Klein und Groß Berkenthin für die Kirchgänger. Diese war aber nicht für Fuhrwerke geeignet.

Ab wann eine Brücke in Berkenthin den Kanal überspannte, die dann auch mit Fuhrwerken befahren werden konnte, war bisher nicht klar. Wenn man den Verkoppelungskarten von 1780 glauben schenken darf, war zu dieser Zeit noch keine befahrbare Brücke bei der Schleuse vorhanden, nur die für Fußgänger gemachte Kirchsteigbrücke. Aber wie man dem nachfolgenden Beschluß der Lübecker Baudeputation entnehmen kann, gab es 1838 schon eine Zugbrücke und diese war bereits so alt, dass man sie wieder neu bauen mußte. So darf man die erste Brücke hier wohl um 1800 vermuten. Und so findet sich dann auch eine Akte im Landesarchiv „Bau einer Fahrbrücke über die Stecknitz bei Groß Berkenthin 1802-1822″ ( LASH Abt. 210 Nr. 6045), aus der hervorgeht, dass mit dem Neubau der Schleuse 1807 auch eine Zugbrücke errichtet wurde.

Aus dem Vertrag von 1807:

Art. 8

Da die Passage durch die Verbesserung der neuen Schleuse unterbrochen wird, so läßet die freye Hansen Stadt Lübeck bey der Schleuse vorläufig eine Zugbrücke errichten, bis der neue Schleusenkolk sich gebildet hat und zur künftigen Durchfahrt passable ist. Sollte der neue Schleusenkolk zur Durchfahrt nicht gehörig geschütt werden, so verspricht die freye Hansen Stadt Lübeck die zu errichtende Zugbrücke beizubehalten, und nicht eingehen zu lassen, auch machet sie sich anheischig, alle welche den itzigen Fahrweg durch den Kolk bei der alten Schleuse gebrauchen, über die zu erbauende Zugbrücke frey passieren zu lassen.

Zugbrücke um 1895

19. April 1838

Behufe Wiederherstellung der Zugbrücke über der Berkenthiner Schleuse beschloß die Bau-Deputation bei einem hochedlen Rathe auf verfassungsmäßige Bewilligung der laut beigehenden Anschlage erforderlichen Summe von 700 und zwar aus dem allgemeinen für die Stecknitzarbeiten im Bau-Etat angesetzten Fonds, med. hroe mit dem Bemerken ergebenst anzutragen, daß bei der vordringenden Nothwendigkeit einer ungesäumten Herstellung, der Stadtbaumeister sofort durch das Praesidium zum unverrichteten Beginn der Arbeit sey ermächtigt worden.

Auf den mitelst Protokoll-Auszuge der Baudeputation vom 19. d. M. geschehenen Antrag die Wiederherstellung der Zugbrücke über der Berkenthiner Schleuse an der Stecknutz betreffend, hat Ein Hoch Edler Rath decretiret und unter Mittheilung dieses Protokoll-Auszuges in Abschrift des beigefügten P.M. des Stadtbaumeisters vom 12. P.M. nebst Kostenanschlag jedoch im Original zur Zurückgabe und Ehrliebender Bürgerschaft die Mitbewilligung der zu gedachten Zwecke veranschlagten 700 P, somit nöthig aus der beikommenden Rubrik des diesjährigen Baufonds hiedurch zu progoniren beschlossen.

Decretum in Senat Lubecensi d. 25. April 1838


Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal

Diese Brücke wurde 1900 vom Ingenieur E. Scheufler geplant. Sie wurde von der Firma Beuchelt/Grünberg vor Ort als genietete Stahlgitterkonstruktion mit Halbparabel-Fachwerkträgern gebaut. Die im August 1900 aus Beton gebauten Widerlager der Straßenbrücke waren auf Holzpfählen gegründet. Die Stahlkonstruktion hatte eine Stahlmasse von rund 75 t, bei einer Stützweite von 40,30 m (13 Felder á 3,10 m). Zuletzt betrug die Belastbarkeit im Verkehr 12 t. Sie wurde mehrfach heruntergestuft (früher 20 t). Die Fahrbahnbreite von 4m hatte nur einen ca. 1m breiten Gehweg auf der nördlichen Seite. Von der Unterkante des Brückenüberbaus wurde eine Durchfahrtshöhe von ca. 4,65m bei einer Wassertiefe von 2,5m gewährleistet. Zwei Brücken gleicher Bauart wurden in Büchen und in Anker/Kühsen gebaut. 

Eisenbahn-, Straßenbrücke und Schleuse 1905

Nach mehr als 100 Jahren musste diese Brücke aus Sicherheitsgründen durch einen Neubau ersetzt werden. Die neue Brücke wurde in der Zeit vom Frühjahr 2006 bis zum 22. Dezember 2010 fertiggestellt.

Kirchsteige in früheren Zeiten

Im Bereich der Kirchsteigbrücke lag vermutlich der älteste Übergang über die Stecknitz. Hier gab es eine natürliche Furt, die es ermöglichte gefahrlos das Gewässer zu durchfahren. Eine Brücke war hier erst Mitte des 14. Jahrhundert mit dem Bau der ersten Stauschleuse von Nöten. Aber wann diese dann tatsächlich gebaut wurde ist bisher noch unklar. 1609 gab es jedenfalls schon eine, wie man auf der Karte aus diesem Jahr erkennen kann.

Brücke über die Stecknitz 1609

Allerdings war diese Brücke zu keiner Zeit für schweren Verkehr ausgelegt, sondern war immer nur Fußgängern vorbehalten. Überhaupt waren die Menschen in früheren Jahrhunderten vornehmlich zu Fuß unterwegs. Innerhalb des Ortes sowieso, aber auch vom Kirchort Berkenthin zu den Außendörfern der Gemeinde. Tatsächlich spann sich ein dichtes Netz von Fußwegen  durch den Ort und von Dorf zu Dorf. Wollte man zur Kirche, nutzte man selbstverständlich diese Kirchsteige, die häufig über Wiesen und Felder führten und oft nicht mehr waren als ausgetretene Pfade. Übergänge bzw. Durchbrüche durch Knicks und Wälle waren oft mit großen Feldsteinen markiert. 

An der Fußsteigbrücke in Berkenthin trafen sich mehrere dieser Steige, da man nur hier die Stecknitz überqueren konnte. Über sie mussten die Klein Berkenthiner, aber auch die Bewohner der westlichen Außerdörfer, wenn sie in die Kirche wollten. Der Gottesdienst hatte dabei für die Menschen eine weitaus größere Bedeutung als heute, zumal von der Kanzel auch regelmäßig Anordnungen und Gesetze der weltlichen Obrigkeit verkündet wurden. Aber nicht nur der Kirchgang führte über diese Brücke, seit jeher war der Kirchsteig die natürliche direkte Verbindung zwischen den beiden Ortsteilen.  


Bereits seit den im Jahre 1813 an der Stecknitz vorgefallenen Kriegs-Ereignissen ist der Steg, welcher bey des Bauernvoigts Kahns Hause in Klein-Berkentien über den Kanal führte abgebrochen worden (aus einem Bericht der Königlichen Regierung).

Nach Abzug der Franzosen wollte man natürlich wieder die alten Verhältnisse herstellen, doch die Lauenburgische Regierung hatte bis 1818 immer noch nichts in die Wege geleitet und so beschwerten sich nun die Einwohner der Lübschen Dörfer Sierksrade und Düchelsdorf über den Lübecker Rat bei der Ratzeburger Regierung: 

„Die Beschwerden, welche aus der Aufhebung des Steges den genannten Dorfschaften (Düchelsdorf und Sieksrade) erwachten, sind keines weges unbedeutend. Denn anstatt daß der Kirchen und Schulweg früherhin in geradester Richtung über den Steg führte, sind die Schulkinder, Confirmanden, Kirchengänger, Leichenzüge und alle diejenigen, welche Kirchendienste zu leisten haben, jetzt genöthiget, mit einem bedeutenden Umwege, der Berkenthiener Schleusenbrücke sich zu bedienen, wobey noch der Umstand eintritt, daß dieser letztere Weg im Winter und bey nasser Jahreszeit kaum zu passieren ist, und daß bey hohem Wasser Schul- und Kirchengänger sogar in Kähnen über die Stecknitz fahren müssen; Belästigungen, die besonders für die Schuljugend, welche den Weg täglich viermal zurückzulegen hat, höchst erschwerend und nachtheilig sind.“

Ansicht Klein Berkenthim 1898 noch mit alter Kirchsteigbrücke
Kirchsteigbrücke im frühen 19. Jahrhundert Aquarell Helga Dresows nach einer Bleistiftskizze Gustav Dohrendorfs

Zuständig für dieses Kanalbauwerk war die Hansestadt Lübeck, später dann das königliche Amt bzw. der Kreis Herzogtum Lauenburg.  So finden sich auch heute noch Bauunterlagen im Kreisarchiv in der Abteilung des Amtes Ratzeburg. 

Dabei hat die Brücke ihr Aussehen immer wieder verändert. Wie lange und seit wann diese die Stecknitz, wie auf dem Aquarell zu erkennen, hoch überspannte, ist unklar. Vieles spricht dafür, dass es sich lange Zeit um einen einfachen Holzsteg gehandelt hat, der hochgeklappt wurde, um den Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen. Dies belegen wiederholte Klagen der Berkentniner  aus dem 18. Jahrhundert, die sich darüber beschweren, dass Stecknitzfahrer nach der Durchfahrt die Brücke nicht wieder ordnungsgemäß schließen würden.

Berkenthiner Schleuse – ELK im Bau – ca. 1898 im Hintergrund noch die alte Kirchsteigbrücke sowie schon die neue dahinter. Foto: Lauenburger Elbschifffahrtsarchiv

Die heutige Kirchsteigbrücke 

Blick vom Kirchturm auf die Kirchsteigbrücke

Nach dem Bau des damaligen Elbe-Trave-Kanals wurden 1899 zeitgleich die  Straßenbrücke und die Kirchsteigbrücke von der Firma Beuchelt & Co. aus Grünberg in Schlesien neu  errichtet. Die einzelnen Elemente waren vorgefertigt nach Berkenthin gebracht worden und wurden hier von den Arbeitern der schlesischen Firma zusammengefügt. Seitdem überspannt diese filigrane, genietete Stahlfachwerkkonstruktion als Stabbogenbrücke mit 44,77 Meter Stützweite den heutigen  Elbe-Lübeck-Kanal. Bis zur Renovierung der Brücke im Jahre 2000 fand sich an der Brücke noch eine Platte, die auf die damalige Herstellerfirma aus Grünberg verwies.  

Eisgang an der Kirchsteigbrücke 1930er

Aus der Geschichte des Ortes ist auch diese Brücke nicht mehr wegzudenken. Im Volksmund war und ist sie einfach die „Hochzeitsbrücke“, weil sich seit jeher die  Hochzeitsgesellschaften nach der kirchlichen Trauung  in feierlicher Prozession über die Brücke zur Feier in Meier´s Gasthof bewegten. Fand die eigentliche Hochzeitsfeier dann einmal nicht bei Meiers  statt, warteten hier  die geschmückten Pferdefuhrwerke oder später die Autos, um die Gesellschaft in die jeweilige Lokalität zu befördern.

(Fotoalbum H. Schwarz)

Mit dem Auto über die Brücke

Daneben ranken sich viele weitere Geschichten und gerne erzählte Anekdoten um diese Brücke. Von einer besonderen „Heldentat“ weiß der frühere Gastwirt Hans-Otto Meier zu berichten:  Als  wieder einmal eine Runde „honoriger Bürger“ in feucht-fröhlicher Runde in seinm Lokal  zusammensaß, kam die Frage auf, ob es nicht möglich sei, die Fußgängerbrücke auch mit einem Auto zu überqueren. Keine Frage! Und gegen eine Runde Korn und Bier machte sich der Friseur und Leiter einer Bankfiliale Heinrich Burmester, genannt Hein Bummel, daran, den Beweis anzutreten. Und mit sicherer Hand lenkte er sodann seinen immerhin nicht ganz schmalen Opel Commodore auf dem kürzesten Weg nach Groß Berkenthin über die schmale Brücke. Aber damit nicht genug. Gegen eine weitere Runde Hochprozentigen fuhr er danach den großen Wagen sogar im Rückwärtsgang zurück an das andere Ufer. Der Platz war immerhin so knapp bemessen, dass sich die Türen des Wagens keinen Spalt mehr öffnen ließen.

Kirchsteigbrücke (Fotoalbum H. Schwarz)

Aber auch schwere Zeiten „durchlebte“ die Brücke. Als sich gegen Ende des Krieges Einheiten  der British Army Berkenthin näherten, wurde die Brücke wie auch die anderen Brücken des Ortes von deutschen Pionieren vermint und zur Sprengung vorbereitet. Nur dem couragierten Einsatz des damaligen Bürgermeisters Heinrich Schwarz und der Telefonistin Lotti Schreiter ist es zu verdanken, dass es nicht soweit kam. Nach der  Besetzung des Ortes durch die Engländer war der Übergang über die Brücke zeitweise durch Stacheldraht gesperrt.

Nach der erfolgten Renovierung und der Wiedereröffnung im Jahre 2000 nahm das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein die Kirchsteigbrücke am 18.6.2019 in die Liste der Kulturdenkmale des Landes Schleswig-Holstein auf.

Quellen:

LASH Abt. 210 Nr. 6045

Brücken bei Berkenthin 1802-1822

KrA RZ Abt. 2 Nr. 456
Bau und Reparatur der Holzbrücke oder Kirchsteges über die Stecknitz bei Groß Berkenthin; Laufzeit: 1711-1843

KrA RZ Abt. 2 Nr. 506
Unterhaltung der Fußgängerbrücke über die Stecknitz bei Berkenthin

LASH Abt. 210 Nr. 2536 (Bearbeitung noch offen)
Die Hoheit auf der Stecknitz, insbesondere die Anlage einer Pforte auf der Berkenthiner Brücke; Laufzeit: 1711-1713

KrA RZ Abt. 200 Nr. 296 (Bearbeitung noch offen)
Post-, Fracht- und Heerwege; Revisionszeichnung der Berkenthiner Kirchsteigbrücke; Laufzeit : 1902

LASH Abt. 548.4 Nr. 954 (Bearbeitung noch offen)
Kirchsteigbrücke bei Berkenthin; Laufzeit : 1848-1900

LASH Abt. 548.4 Nr. 962 (Bearbeitung noch offen)
Berkenthiner Kirchsteigbrücke – Abrechnung; Laufzeit: 1900

LASH Abt. 548.4 Nr. 984 (Bearbeitung noch offen)
Kirchsteigbrücke in Berkenthin; Laufzeit: 1902

Wer kommt für die Reparatur der Brücke auf?

Die Verantwortlichkeit und die damit verbundene Unterhaltung der Brücke hatte in den vergangenen Zeiten zwischen der Hansestadt Lübeck, dem Herzogtum Lauenburg und der Gemeinde mehrfach gewechselt. Als dann aber in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts deutlich wurde, dass ein beträchtlicher finanzieller Aufwand für die Renovierung und Instandhaltung der in die Jahre gekommenen Brücke notwendig würde, ließ der Kreis als der derzeitige Eigner die Brücke kurzerhand am 2. Mai 1995 sperren. Man berief sich auf Seiten der Kreisbehörden auf entsprechende Gutachten, die die Baufälligkeit belegen sollten und stellte sogar den endgültigen Abriss des Baudenkmals in Aussicht. Dies stieß allerdings auf den heftigen Protest der Gemeinde und es entbrannte ein jahrelanger Streit um die Trägerschaft. Die Zukunft der Brücke schien ungewiss.

Ein Brückenfest zur Erhaltung des Berkenthiner Wahrzeichens im August 1996 hatte zur folge, dass die Kirchsteigbrücke wieder beschränkt geöffnet wurde. Sichtbarer Ausdruck des Widerstandes gegen den Abriss ist noch heute das sogenannte „Brückendenkmal“ unterhalb des Amtes direkt am Kanal,  eine mit Ziegelsteinen gemauerte Wand auf denen unterschiedliche Motive eingeritzt sind. Sie wurde im Rahmen einer im Rahmen einer weiteren Solidaritätsaktion 1999 von dem Maler und Bildhauer Rolf Hackauf aus Göldenitz und rund 100 Kindern und Erwachsenen errichtet. Zunächst wurden die noch weichen Ziegelsteinen von den Beteiligten mit Motiven mit Bezug zur Brücke gestaltet, bevor sie gebrannt und schließlich zu einer Mauer zusammengefügt wurden.

Foto Horst Kömme

Weiter Bewegung in die Sache brachte dann die Diplomarbeit der jungen Lübecker Ingeneurin Tanja Heuer. Sie hatte das Bauwerk ausgiebig an Ort und Stelle begutachtet und war anders als das Kreisgutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Brücke durchaus zu retten sei. Symbolisch für die  ihre Dauerhaftigkeit sei die heute nicht mehr verwandte Nietenbauweise. Von einem Abriss könne keine Rede sein. Sie ließe sich sanieren und werde auch weitere Jahrzehnte Fußgänger und Radfahrer standfest tragen. Erst als sich auch weitere Fachleute von der Fachhochschule Lübeck dieser Expertise anschlossen, ging der Kreis von den Abrissplänen ab und entschied sich schließlich für eine Sanierung und stellte schließlich sogar 800.000 DM für die Renovierung bereit. Offen blieb jedoch noch längere Zeit die Frage der zukünftigen Trägerschaft.

Schließlich einigten sich dann aber der Kreis und die Gemeindevertretung Berkenthin dahingehend, dass der Kreis zwar die Kosten einer grundlegenden Sanierung übernehmen sollte. Für weitere Unterhaltungs-, Reparatur- und  Sanierungskosten wurde dann laut Vertrag vom 13.04.2005 eine gemeinsam Rücklage von Kreis und Gemeinde geschaffen, in die beide Parteien jährlich einzuzahlen haben. Über die Rücklagen hinausgehende Kosten sollten zukünftig von beiden Parteien zu gleichen Teilen getragen werden.

Mit Blick auf die erfolgte gründliche Grundsanierung konnte man immerhin hoffen, dass in naher Zukunft keine neuen Folgekosten entstehen würden, allerdings wurde schon damals befürchtet, dass ein möglicher Kanalausbau  hinsichtlich der Fußgängerbrücke neue Fragen aufwerfen würde.

Foto Horst Kömme

Als dann die Brücke mithilfe des Krans eines Berliner Spezialunternehmens am Morgen des 22. Juli 1999 aus dem Sockel gehoben wurde, hatte sich eine große Zahl von Schaulustigen am Kanal eingefunden. Die ganze Brücke wurde in einem einzigartigen Schauspiel über den Kanal geschwenkt und schließlich längsseits des Kanals auf  vorbereiteten Planken abgesetzt. Dort wurde sie dann in den folgenden Wochen von Handwerkern gründlich überholt, bevor sie dann pünktlich zum Kanaljubiläum im Jahre 2000 wieder in ihre alte Position gebracht wurde, wo sie ihre verbindende Funktion wieder übernehmen konnte.

Mit freundlicher Genehmigung des Kreismuseums Ratzeburg

 

Eisenbahnbrücke techn. Daten

Wer in den Jahren vor 1985 auf dem Uferweg entlang des Elbe-Lübeck-Kanals von Krummesse nach Berkenthin wanderte, dem bot sich kurz vor Berkenthin ein eindrucksvolles Bild: Eine ästhetische Brückenkonstruktion  überspannte hier den Kanal, und wer sich die Mühe machte, die offensichtlich nicht mehr benutzte Brücke zu betreten, der wurde nicht enttäuscht: Der Blick in die Parabelbogenkonstruktion und von der Brücke nach Süden auf Berkenthin mit Kanal und Schleuse und dem markanten Kirchturm  war beeindruckend.

Gasthof Paul Lütgens und Eisenbahnbrücke 1900

Blickte man von der Brücke nach Norden, so öffnete sich eine anmutige Kanallandschaft. Ging man dann weiter zur Schleuse, sah man von hier die prächtige, elegante Brücke, die beim Bau 1897 ,,Stecknitzviaduct“ genannt wurde, weil sie das Tal der Stecknitz, überbrückte. Kanal, Schleusenanlagen und Eisenbahnbrücke bildeten ein Ensemble von seltener Dichte, und wohl keiner konnte sich dem Reiz von Landschaft und Technik entziehen.

 (Wolfgang Heidemann: Anmerkungen zur Geschichte der Eisenbahnlinie Bad Oldesloe – Hagenow und der Eisenbahnbrücke bei Berkenthin, in Mitteilungen des Canal-Vereins, Rendsburg 1989, S. 45. Auch die folgende Darstellung stützt sich in weiten Teilen auf diesen Aufsatz)

Elbe-Lübeck-Kanal und Eisenbahnbrücke

Von dem Bau der „Kaiserbahn“ und der Brücke berichtet ein Kapitel dieser Chronik. Die Eisenbahnbrücke war danach über viele Jahrzehnte das Wahrzeichen des Ortes, sie bestimmte das Bild der Kanalniederung, es gab kaum eine Post- oder Ansichtskarte des Ortes, auf der sie nicht abgebildet war. Als die Brücke schließlich 1985 abgerissen wurde, endete damit für Berkenthin endgültig das Kapitel Eisenbahngeschichte, das 1897 begonnen hatte. Der Tag der Sprengung selbst hat sich dann auch tief in das Gedächtnis der Bewohner eingebrannt. Mehr oder weniger alle waren Augenzeugen des Ereignisses und es gibt wohl kaum einen Haushalt in dem sich nicht Fotos von der Sprengung befinden. Alles über den Abriss der Brücke finden Sie hier.

 
Eisenbahnviadukt
Eisenbahnbrücke (Foto G. Weinberger)

Wo sie noch gestern gesungen da war alles leer – Zigeunerjunge

Die Taterbrücke war eine kleine Brücke an der Lübecker Straße in Richtung Kählstorf, kurz hinter dem heutigen Bahndamm über die Wolfbek. Bei Schröder-Birnatzki wird sogar von zwei Taterbrücken gesprochen. Der Begriff Tater oder Tataren bezeichnet einen mongolischen Volksstamm. In Norddeutschland war dieser Begriff in der frühen Neuzeit allerdings weiter gefasst und meinte alle Fremden aus Ost- und Südosteuropa mit dunklerer Hautfarbe und damit meist Zigeuner, bzw. heute korrekt Roma und Sinti. 

Da man glaubte, diese stünden dem Teufel nahe, wurde ihnen hier eine Sesshaftwerdung verweigert und so hatten sie ihr Auskommen nur im Fahrenden Gewerben wie z.B. der Schaustellerei und der Scherenschleiferei. Diese kleinen Gruppen fuhren von Ort zu Ort, boten ihre Dienstleistungen an und kamen in regelmäßigen Zeitabständen wieder zurück. Daraus ergab sich für die Dorfgemeinschaft die Problematik diesen einen vorübergehenden Übernachtungsplatz zu stellen. Da man diesen Fremden aber nicht traute, sollte der Ort natürlich soweit wie möglich vom Dorf entfernt sein mußte aber natürlich auch Wasser haben. Im Berkenthiner Fall verständigte man sich offenbar auf einen abgelegenen Platz an der kleinen Brücke in Richtung Kählsdorf, die dann durch das wiederholte erscheinen der „Tater“ ihren Namen bekam. Wann dies geschah, läßt sich leider nicht mehr ermitteln. Burmeister schreibt in seiner Kirchengeschichte dazu: „die zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts sich häufig hier im Lande zeigten“. Die bisher erste bekannte Nennung dieser Brücke unter diesem Namen stammt aus dem Jahr 1754. Da war sie allerdings schon baufällig und der Lübecker Stadtbaumeister Johann Adam Soherr (* 1706; † 1778) sollte deren Zustand beurteilen.

Auch andernorts gibt es Taterbrücken wie z.B. in der Nähe von Magdeburg oder einen Taterweg in Krummesse, einen Taterberg in Eckernförde oder einen Tatergraben in Timmendorf.

Das scheint alles lange her und fast vergessen. Doch haben sich diese Fremden neben der Brücke auch in unserer heutigen Sprache verewigt:  Dazu gehören Begriffe wie „Bock“ (im Sinne von „auf etwas Bock haben“) als Entlehnung von bok für „Hunger“ und „Kaff“ als Entlehnung von gab oder gaw für „Dorf“.

Quellen:

LASH Abt. 210 Nr. 6042
Taterbrücke über die Stecknitz vor dem Dorfe Groß Berkenthin und der Steindamm daselbst; Laufzeit: 1754-1757