Die Stecknitzfahrt

Die nasse Salzstraße

von Dr. Claudia Tanck

Als am Maria-Magdalenen-Tag, am 22. Juli 1398, die ersten mit Lüneburger Salz beladenen Stecknitzkähne unter Glockengeläut in Lübeck eintrafen, war es für mittelalterliche Verhältnisse eine Sensation: Nach nur 8-jähriger Bauzeit war eine durchgehende Wasserverbindung zwischen Lüneburg und Lübeck hergestellt. Musste bislang das kostbare Frachtgut von Artlenburg mindestens bis Mölln auf dem Landweg befördert werden, konnte es nun komplett auf dem Wasserweg transportiert werden. Auch wenn die Fahrzeit zwischen Lauenburg und Lübeck bis zu vier Wochen dauern konnte, war der Schiffstransport immer noch schneller und sicherer und vor allem auch effizienter als auf dem Landweg.

Sehen Sie hier einen Beitrag des NDR über die Stecknitzfahrt und über die Prahmkameraden Berkenthin!

Schon den Sumerern und Babyloniern war die elementare Bedeutung des Lebensmittels Salz bewusst. „Ihr seid das Salz der Erde“, heißt es in der Bibel, und auch die Kelten förderten Salz in großen Mengen am Alpenrand und vertrieben es überregional. In unserer Region begann die Salzförderung in Lüneburg im 10. Jahrhundert. Eine zweite Saline existierte in Bad Oldesloe, diese aber wurde von Heinrich dem Löwen 1151 zugeschüttet, um den Gewinn aus dem Salzertrag allein der von ihm geförderten Stadt Lüneburg zukommen zu lassen. Damit blieb Lüneburg für lange Zeit die einzige Saline in unserem Gebiet.

Salz war nicht nur für das Würzen wichtig, sondern es war in unserem nasskalten Klima auch das einzige Konservierungsmittel für verderbliche Nahrungsmittel wie Fisch und Fleisch. Auch für das Handwerk, z.B. zur Herstellung von Farben und Glasuren oder die Färberei und Gerberei, war Salz ein wichtiger Rohstoff.

Wann genau der Salzhandel begann, kann nicht gesagt werden. Sicher ist, dass der Handelsweg schon um 800 n.Chr. bekannt war, wie unter anderem die Burganlage bei Hammer, die die Stecknitz sicherte, vermuten lässt. Um diese Zeit könnte auch schon die Salzförderung in Lüneburg bestanden haben, wofür es jedoch keine gesicherten Belege gibt. Die Salzförderung in Lüneburg tritt erst mit einer Urkunde, mit der Kaiser Otto I. dem Lüneburger Michaeliskloster den Salzzoll verleiht, in das Licht der Geschichte. Das Kloster wurde kurz vor 956 gegründet, die Burg auf dem Kalkberg hingegen schon früher. Daraus ist zu schließen, dass es spätestens zu diesem Zeitpunkt eine nennenswerte Produktion von Salz gab, die entsprechenden Gewinn aus dem überregionalen Verkauf abwarf.

Die Maßnahme, dass Heinrich der Löwe die Oldesloer Saline verstopfen ließ, um damit Lüneburg zu fördern, ist daher vor allem handelspolitisch zu erklären. Ob schon über Alt-Lübeck Salz gehandelt wurde, ist nicht belegbar. Mit der Gründung der deutschrechtlichen Stadt Lübeck im Jahre 1143 ließen sich zahlreiche Kaufleute in Lübeck nieder, die vor allem mit Salz aus der naheliegenden Oldesloer Saline handelten, was zu der erwähnten Zuschüttung dieser Saline durch Heinrich den Löwen führte. Ab 1158 dürfte daher nur noch Lüneburger Salz in den Ostseeraum exportiert worden sein. Bereits im Barbarossa-Privileg von 1188 war Lübeck das Recht zur Nutzung der umliegenden Binnengewässer und damit auch der Stecknitz verbrieft worden. Über die Menge des auf diesem Weg transportierten Salzes ist nichts bekannt, aber innerhalb des 13. Jahrhunderts steigerte sich die Salzproduktion der Lüneburger Saline von 5.200 Gewichtstonnen jährlich (1205) auf das Dreifache am Ende des Jahrhunderts. Diese Produktionssteigerung steht im Zusammenhang mit der zeitgleichen Entwicklung Lübecks zum Umschlaghafen für sämtliche von West- und Mitteleuropa kommenden Güter in den Ostseeraum. Salz war dabei nicht das einzige, aber ein sehr wichtiges Handelsgut vor allem angesichts des steigenden Heringsfanges vor Rügen und Schonen.

Bereits im ausgehenden 12. Jahrhundert wurden Lübeck die Nutzungsrechte vom Osten der Stadt bis zur Stepenitz und weiter bis zur Radegast, gen Süden bis zum Ratzeburger See und im Westen bis zur Stecknitz bis zum Möllner See zugestanden. Schon zu dieser Zeit fand Warenverkehr auf der Stecknitz stand. Gegenüber den Landverbindungen war die Stecknitzfahrt zunächst aber noch unbedeutend. Das Salz wurde per Schiff von Lüneburg bis zur Elbfurt bei Artlenburg/Schnakenbek beziehungsweise Boizenburg gefahren. Die Route von Boizenburg führte zunächst über mecklenburgisches Gebiet bis zum Fortkrug, von dort ging es auf lauenburgischem Gebiet weiter über Langenlehsten und Besenthal, zum Wasserkrug Richtung Mölln. Später wurde auf Grund der Fehde der mecklenburgischen Herren die Salzniederlage an die Delvenau-Mündung nach Buchhorst verlegt. Von hier nahm das Salz seinen Weg vorbei an Basedow, Dalldorf bis Witzeeze, überquerte hier die Linau und verlief ab Pötrau weiter über Siebeneichen, Roseburg, Hornbek nach Mölln. Eine weitere Route führte von Artlenburg/Schnakenbek über Lütau nach Pötrau und von dort über die genannten Orte nach Mölln.

Von Mölln aus wurde das Salz weiter auf dem Landweg über Krummesee nach Lübeck gebracht oder aber in Mölln wieder auf Schiffen über die Stecknitz gefahren. Mölln wurde somit zu einem wichtigen Rastpunkt auf den Handelswegen von Lüneburg nach Lübeck, was wesentlich zur Stadtwerdung (1205) und später zur Verpfändung an Lübeck, das sich diesen handelspolitisch strategisch wichtigen Ort sichern wollte, beitrug.

Obwohl die Stecknitz schon im späten 12. Jahrhundert mit Schiffen befahren wurde, liegen für den Salzhandel auf dem Wasserweg konkrete Nachrichten erst aus dem 14. Jahrhundert vor. Zu diesem Zeitpunkt war der Handel auf dem Wasserweg bereits so intensiv, dass die Stecknitz mit einer Schleuse reguliert werden musste. 1336 verkaufte Herzog Albrecht IV. an Alvert Albus, Vikar des Heiligengeisthauses in Mölln und Pfarrer in Nusse, eine Rente von 10 Mark lübsch „de aqueductu in stekenitze prope villam Stenborgh“. Diese Schleuse lag an der Einmündung der Steinau in die Stecknitz. Weitere urkundliche Erwähnungen dieser Schleuse stammen aus den Jahren 1340 und 1342 sowie 1357. Abbildungen oder Beschreibungen liegen nicht vor, ab es wird sich um eine einfache Stauschleuse gehandelt haben. Die Bauart dürfte den Sieltoren an den Entwässerungsgräben in der Marsch geglichen haben: Um einen Heckpfosten drehte sich das Hecktor, dessen Gerüst mit aufziehbaren Schüttbrettern geschlossen werden konnte. Als Fluttore wurden sie bei abfließendem Wasser geöffnet und bei auflaufendem Wasser gegen die Vorschlagbalken geschlossen.

Der Schleusenbau zeigt, dass auch das Herzogtum Sachsen-Lauenburg, das im 14. Jahrhundert durch die Teilung in die Linien Ratzeburg-Lauenburg und Bergedorf-Mölln politisch und wirtschaftlich geschwächt war, ein Interesse an dem Salzhandel hatte. Bereits 1331 gab die Stadt Lüneburg laut Kämmereirechnung Herzog Erich I. ein Fass Wein im Wert von 5 Mark und ½ Schilling. Ganz uneigennützig war dieses Geschenk (modern wohl als Bestechung zu werten) nicht, denn 1335 schloss die Stadt Lüneburg einen Vertrag mit dessen Nachfolgern Erich II. von Ratzeburg-Lauenburg und Albrecht IV. von Bergedorf-Mölln, in dem die Herzöge verpflichtet wurden, in Artlenburg eine aus zwei Häusern bestehende Salzniederlage zu errichten, wo Salz und anderes Gut gelagert werden soll. Die Salzniederlage soll mit Tonnenmachern und anderen guten Leuten besetzt werden. Für die Kaufleute soll lübisches Recht gelten. Die Bürger von Lüneburg sollen für die Last vier Schilling an Zoll entrichten. Ferner soll Herzog Erich zwei Pfennig für die Last und zwei Trägern, um die Last hochzuwinden und zum Haus herüberzubringen, gegeben werden. Gleiches gilt auch für den Hering. Von zehn Lasten Salz mag der Zöllner eine Tonne für acht Schilling nehmen. Für den Wispel losen Salzes sollen vierzehn Pfennig gegeben werden und für Salz, das dort in Tonnen gefüllt wird zwei Pfennig. Das für die Herstellung der Salztonnen benötigte Holz wird ohne Zoll nach Artlenburg gebracht.

Ab Artlenburg wurde das Salz ausschließlich in Tonnen weiter transportiert (was für den Landweg spricht). In Mölln gab es eine weitere große Salzniederlage. Bereits 1329 wird ein Salzhaus (soltböden) in der Nähe des Heiliggeist-Hospitals in der Seestraße erwähnt. Der Umfang des Salzhandels geht aus einer Urkunde aus dem Jahr 1342 hervor, in der Herzog Albrecht IV. den Bürgern der Stadt Lüneburg einige Freiheiten garantiert. Unter anderem heißt es in der Urkunde: „Wenn also so viel Salz in Mölln ist, dass man 24 oder 30 Prähme verschiffen kann und inzwischen Männer kämen, die das Salz begehren und das Wasser fordern von dem, der die Schleuse bewahrt, soll man das Wasser am nächsten Tag geben, so dass sie nach Lübeck kommen mögen zu jener Zeit zwischen Ostern und unserer Frauen Tag (Mariä Himmelfahrt, 15. August). Nur in den Sommermonaten wurde das Salz auf der Stecknitz nach Lübeck transportiert, in der übrigen Zeit auf dem Landwege, weshalb in jener Urkunde den Lüneburgern auch ein Geleitschutz zugesagt wurde.

Aber auch die Delvenau wurde teilweise schon für den Salztransport genutzt. Aus der Urkunde von 1335 zwischen den Lauenburger Herzögen und der Stadt Lüneburg geht hervor, dass zu Artlenburg eine „aringpenninghe“ genannte Abgabe in der Höhe von 10 Schilling entrichtet wurde. Der zweite wichtige Salzumschlagplatz war Buchhorst, so dass die Schiffe zumindest bis hier auf der Delvenau mir ihrer Salzfracht fahren konnten. Weil es hier eine Salzniederlage gab, liegt der Schluss nahe, dass ab hier das Salz auf dem Landweg transportiert wurde. Weil es noch keine Wasserverbindung zur Stecknitz gab und von Zollstellen, Schleusen und Umschlageplätzen nördlich von Buchhorst in jener Zeit noch nichts bekannt ist, ist die Vermutung sehr naheliegend.

Der Salzhandel lief im 14. Jahrhundert also nur partiell auf dem Wasserwege ab. Immer wieder waren größere Strecken auf dem Landwege zurückzulegen. Bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden daher die ersten konkreten Überlegungen, die Flusssysteme von Stecknitz und Delvenau miteinander zu verbinden. In einer Urkunde vom 24. August 1350 regelten die Herzöge Erich II. von Ratzeburg-Lauenburg und Johann III. von Mölln-Bergedorf mit der Stadt Lübeck Einzelheiten über einen vom Ratzeburger See bis zum Möllner See ziehenden Landwehrgraben. In dieser Urkunde wird außerdem eine bestehende Verbindung zwischen Delvenau und Möllner See vorgesehen, aber es ist umstritten, ob diese verwirklicht wurde. Die Pest 1350 und die daraus folgende wirtschaftliche und finanzielle Krise im Herzogtum Sachsen-Lauenburg hat zumindest die Herstellung der Wasserverbindung zwischen Ratzeburger See und Möllner See verhindert. Vergessen waren die Pläne zur Verbindung zwischen Stecknitz und Delvenau jedoch nicht.

Im 14. Jahrhundert war der Salzhandel zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in der Region geworden. Im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts profitierten auch die Lauenburger Herzöge noch von den Einnahmen durch den Salzhandel, wie vor allem die Anlage der Salzniederlagen zeigt. Angesichts der sich abzeichnenden Verschuldung vor allem der Mölln-Bergedorfer Linie und der Auflösung der Lehensbindungen und der damit verbunden Einschränkungen im Geleitschutz für die Salztransporte veränderte sich für die Sicherheitslage für die Kaufleute an dem wichtigen Transitweg. Die Sicherung des Handelsweges lag daher im Interesse der Stadt Lübeck. Neben Lüneburg musste Lübeck sich daher vor allem mit den Herzögen in dem damals geteilten Herzogtum ins Benehmen setzen. Um eine möglichst große Kontrolle über den Salzhandelsweg zu bekommen, setzte Lübeck eine Erwerbspolitik in den lauenburgischen Teilherzogtümern, vor allem bei der Mölln-Bergedorfer Linie, um. Die wichtigste Erwerbung waren dabei Stadt und Vogtei Mölln (Urkunde vom 14.4.1357). Mit dieser Urkunde sicherte sich Lübeck für 9737 ½ Mark lübsch die Pfandherrschaft über Mölln einschließlich der Einkünfte aus dem Zoll sowie die Gerechtsame aus den zur Vogtei gehörenden Dörfern mit bebauten und unbebauten Äckern, Wiesen, Weiden, Mooren, Rasen, Gewässern, Wasserläufen, Wegen, Aus- und Eingängen, Seen, Wasserstauungen, Fischteichen, Bächen und anderen Fließgewässern, Hölzungen, Wäldern, Gebüschen und der Schleuse mit allen Nutzungsrechte. Außerdem mussten die Herzöge sich verpflichten, feindliche Angriffe auf Mölln zu verhindern. Das Wiederkaufsrecht sollte nur für die Mölln-Bergedorfer Linie gelten, womit eine Auslösung des Pfandes durch die finanzkräftigere Ratzeburg-Lauenburger Linie vermieden werden sollte. Die Pfandherrschaft war seitens Lübecks wohl kalkuliert: Zum einen wurde der wichtige Salzhandels-Stützpunkt Mölln samt dessen Einkünfte in den Besitz der Stadt gebracht, zum anderen war angesichts der Schwäche der Mölln-Bergedorfer Linie nicht mit einem Auslösen des Pfandes zu rechnen. Denn Herzog Erich III. verfügte weder über die entsprechenden Mittel und war als Angehöriger des geistlichen Standes zudem kinderlos. Ihm fehlte daher das nötige Interesse an einer Rückerwerbung. Mit dessen Tod, so die Erwartung Lübecks, würde Mölln dann endgültig in den Besitz der Hansestadt fallen.

Der Aufschwung des Salzhandels in dieser Zeit, die durch den Bevölkerungsrückgang infolge der Pest ungewöhnlich erscheint, ist vor allem auch auf dem Hintergrund der außen- und handelspolitischen Aktivitäten Lübecks zu sehen. In den 1360er Jahren unternahm Lübeck im Bündnis mit anderen Hansestädten erhebliche Anstrengungen, den freien Zugang zu den Märkten in Schonen zurück zu gewinnen, das 1360 vom dänischen König erobert worden war. Erst 1368 endeten die Kriegshandlungen, und 1370 bekam Lübeck die Pfandschaft über die Schlösser am Öresund und kontrollierte damit nicht nur den Handelsweg durch den Öresund, sondern gewann auch die Einnahmen aus den dortigen Zöllen. Gleichzeitig führte Lübeck auch eine erfolgreiche Blockade gegen Flandern, um den Import des billigeren Baiensalzes zu verhindern (bis 1385).

In diese Zeit fielen daher die konkreten Planungen für den Bau einer Verbindung zwischen Stecknitz und Delvenau und dem Ausbau der vorhandenen Flüsschen. 1390 war es schließlich soweit, dass in zwei Verträgen zwischen Lübeck und Herzog Erich IV. von Ratzeburg-Lauenburg wurde 1390 eine Schiffsverbindung zwischen der Delvenau und der Stecknitz vereinbart wurde.

In der ersten Urkunde vom 24. Juni 1390 werden alle aus Landeshoheit und Lehnsrecht entspringenden Rechtsverhältnisse geregelt, denn die Stecknitzfahrt lag teilweise auf Ländereien von herzoglichen Vasallen. Der Herzog stellt Lübeck eine Quittung von 3.000 Mark aus, räumt aber den Lübeckern im Gegenzug die Einnahmen aus dem Kanalzoll für 17 Jahre ein, so dass Lübeck die Baukosten amortisieren konnte. Nach Ablauf der 17 Jahre sollten die Zolleinnahmen zu gleichen Teilen auf den Herzog und die Stadt Lübeck entfallen. Den Lübeckern wird ferner gestattet, die Delvenau zwischen Elbe und Möllner See im Querschnitt so auszubauen, dass sich zwei Schiffe (also Salzprähme) begegnen konnten. Außerdem verpflichtete sich der Herzog, die Mühle bei Mölln zu beseitigen und auf beiden Ufern einen 12 Fuß breiten Treidelweg anzulegen und zu unterhalten. Außerdem sollte er zum Kanalbau an zwanzig Tagen im Jahr mit 30 Tagewerken beitragen. Auch verpflichtete sich der Herzog zum Geleitschutz für die Schiffe. Von dem Kanalausbau waren die Ländereien von herzoglichen Vasallen betroffen. Sie erscheinen auch als Zeugen der Urkunde (Ludeke und Heinrich Schack zu Breitenfelde, Detlev Gronow zu Pötrau). Sie wie auch die Inhaber der direkt dem Herzog unterstehenden Burglehen wurden mit Salzlieferungen entschädigt. In einem zweiten Privileg wurde über das hoheitliche Wasserrecht verfügt, das allein beim Herzog Lag. Allerdings erhielt Lübeck das Recht, den Lauf der Delvenau von der Buchhorster Mühle in die Elbe zu ändern und den Delvenauverlauf zwischen der Buchhorster Mühle und dem Möllner See durch Querschnittsänderung und den Einbau von Schleusen der geplanten Schifffahrt anzupassen.

Ein besonderes Problem für die Kanalbauer des Mittelalters stellte Überwindung der Möllner Wasserscheide dar. Nach Norden schloss ein 19 Meter hoher und 11,5 Kilometer langer Landrücken die Senke an der Hahnenburger Schleuse ab. Von hier aus flossen Delvenau und Stecknitz in verschiedene Richtungen ab. Um eine ausreichende Wasserversorgung für den Durchstich zu gewährleisten, wurden zuerst Kammerschleusen gebaut (Seyenburger Schleuse und Hahnenburger Schleuse). Bei einer Stauschleuse nämlich wäre beim Öffnen des Schleusentores der gesamt Abschnitt leer gelaufen. Außerdem erwarb Lübeck 1391 das Dorf Hornbek einschließlich der Mühle, um den Mühlenteich zu einem Wasserreservoir auszubauen, dessen Wasser in das Kanalbett auf der Scheitelstrecke geleitet wurde.

Auch der Bereich der unteren Delvenau wurde verändert, allerdings auf Grund eines unfreiwilligen Ereignisses. 1396 ließ Herzog Heinrich von Braunschweig-Lüneburg in einer Fehde gegen die Stadt Lüneburg und deren Bündnispartner Hamburg und Lübeck die Delvenau-Mündung durch das Versenken von mit Steinen beladenen Schiffen verstopfen. Daraufhin gruben die Wasserbauer mit einer Hamburger und Lübecker Hilfskräften einen neuen, zudem auch günstigeren Kanal von Buchhorst bis zur Elbe, nämlich den heutigen Auslauf. Die genannten Arbeiten wurden mit den damals üblichen Hilfsmitteln wie Hacken und Schaufeln und viel Menschenkraft ausgeführt.

1398 war der Kanal schließlich fertig, und er wurde mit einem Schiffkonvoi von Lauenburg nach Lübeck in Betrieb genommen. Wie erwähnt, waren für den Betrieb der Stecknitzfahrt Schleusen erforderlich. Ihre Entstehungszeit ist nicht in jedem Fall mehr festzustellen. Weil Stecknitz und Delvenau bereits vor 1390 schiffbar waren, gab es auch schon früher Schleusen. Die Oberschleuse wird schon 1336 urkundlich erwähnt. Auch die Berkenthiner Schleuse und die Niederschleuse waren schon vor 1390 vorhanden. Der Bau der übrigen Schleusen erfolgte zwischen 1390 bis 1450. Der größte Teil waren Stauschleusen, daneben gab es auch Kammerschleusen, nämlich die Hahneburger Schleusentreppe und die Buchhorster Schleuse (spätere Palmschleuse). Der bauliche Unterhalt der nördlich von Mölln gelegenen Schleusen oblag Lübeck, an den übrigen Schleusen war auch der Lauenburger Herzog beteiligt. Beim Betrieb der Schleusen war es etwas anders. Lübeck gehörten die Berkenthiner, die Nieder- und die Oberschleuse, die Hahnenburger Schleuse, die Zienburger Schleuse und die Seeburger Schleuse. Dem Lauenburger Herzog gehörten die Frauweider und die Buchhorster Schleuse, die Dücker- und die Niebuhrschleuse sowie die Büchener und die Siebeneichener Schleuse. Ab 1682 wurden einige Schleusen gemeinschaftlich von Lübeck und Lauenburg verwaltet, nämlich die neu errichtete Stauschleuse zwischen Hornbek und Gambek. Nach 1683, als Lübeck Mölln und die dazugehörigen Schleusen abtreten musste, wurde auch die Hahnenburger Schleuse gemeinsam verwaltet.

Die Schleusenmeister wurden entsprechend von Lübeck oder dem Lauenburger Herzog eingesetzt und mussten ihren Dienstherren einen Eid schwören. Hauptaufgabe der Schleusenwärter waren das Öffnen und Schließen der Schleusentore, die Überwachung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Schiffsverkehrs und die Meldung und Beseitigung von Missständen. Nicht immer lief der Verkehr auf der Stecknitzfahrt friedlich ab. Die Schleusentore wurden nur an bestimmten Tagen geöffnet (Zapfeltage), aber besonders ungeduldige Stecknitzfahrer versuchten, die Tore auch schon einmal eigenmächtig zu öffnen, wie beispielsweise Ende Februar 1641 der Stecknitzfahrer Bernd Koop an der Oberschleuse. Er wollte auch einige Bäume durch die Schleuse flößen und öffnete zu diesem Behuf das Schleusentor ein kleines Stück. Der Schleusenmeister Hinrich Martens kam darauf zu, um ihn daran zu hindern, wobei er den Schiffer am Barte packte und mit einem eisernen Bolzen über den Kopf schlug. Als Koop flüchtete, lief Martens noch mit einem Knüppel hinter ihm her. Erst der Neffe des Schleusenmeisters konnte die Kontrahenten auseinander bringen.

Die Schleusenmeister waren Beamte. Oft wurde das Amt aber in der Familie weitergereicht (vor allem bei den Lübecker Schleusenwärtern), aber wie im Fall der Palmschleuse z.B. wurde die Stelle immer wieder neu besetzt. Die Einkünfte setzten sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Gehalt (das oft nur sehr gering war), Nebeneinnahmen (v.a. Schleusengeld), Dienstwohnung, Deputat (v.a. eine Tonne Salz jährlich, bei Bier und Weinladungen von Schiffern eine Kanne Wein oder Bier) und Dienstländereien. Dazu kam bei fast allen Schleusen noch die Krugwirtschaft.

Von Anfang an bedurfte die Stecknitzfahrt der Pflege und Unterhaltung. Bereits nach zehn Jahren war eine Grundüberholung der aus Holz gebauten Stauschleusen erforderlich. Zwischen 1440 und 1450 fand ein gründlicher Durchbau der Stecknitzfahrt statt. In dieser Zeit erwarb Lübeck weitere Ländereien am Kanal, so an der Ziehenburger Schleuse, um einen Stauteich und eine weitere Schleuse, die Seeburger Schleuse, anzulegen, womit die Wasserführung auf der Scheitelstrecke und die Delvenau hinunter verbessert wurde. Auch die Frauweider Schleuse bei Lauenburg wurde in diesem Zuge angelegt. Sie war schon vorher vorhanden, allerdings befand sie sich in einem so schlechten Zustand, dass Herzog Bernhard II. von der Stadt Lübeck aufgefordert wurde, sie zu erneuern, sich aber weigerte, die Baulast alleine zu tragen. An der Stecknitz kaufte Lübeck 1451 von Heinrich von Krummesse Land, um eine Schleuse zu bauen. Weitere Schleusenneubauten waren die kleine Oberschleuse. Schließlich wurde die Schifffahrt auf der Stecknitz durch 17 Schleusen reguliert. (s. Tabelle!)

Auch in den folgenden Jahrhunderten gab es Ausbau- und Begradigungsmaßnahmen. 1610 ließ Herzog Franz II. im Bereich des Hofes Anker und des Kühsener Feldes eine Begradigung vornehmen, denn die Lübecker Stecknitzfahrer hatten sich darüber beschwert, dass die Krümmungen und Biegungen in diesem Abschnitt der Stecknitz zu Beschädigungen an ihren Schiffen geführt hätten. Kurzerhand ließ der Herzog einen Durchstich vornehmen. Anker gehörte zum Herrschaftsbereich der Lauenburger Herzöge, aber die Niederschleuse unterstand Lübeck. Wegen der territorialen Gemengelage, die durch den Durchstich verändert wurde, kam es zu einem Reichskammergerichtsprozess zwischen der Stadt Lübeck und dem Herzogtum Lauenburg. Wie üblich wurde zur Klärung dieser Angelegenheit ein sog. Augenschein angefertigt, der auch kulturhistorisch interessant ist, weil er einen Einblick in die Arbeitstechniken gewährt (Einrammen von Holzpfählen).

Über die Organisation des Salzhandels vor dem 15. Jahrhundert gibt es kaum Unterlagen. Aus der Zeit von 1290 bis 1294 sind einige Hinweise über die Geschäfte des Lübecker Salzhändlers Johann Borgere in Lüneburg erhalten; auch die Namen anderer Salzhändler aus Lübeck in Lüneburg sind bekannt. Sie traten als reine Käufer auf. Den die Stadt Lüneburg von 1370 an dreißig Jahre lang belastenden Erbfolgekrieg nutzten die Lübecker Kaufleute aus, indem sie sich Sülzrenten kauften, die bisher nur dem Lübecker Domkapitel als Kapitalanlage dienten, und erwarben damit eine direkte Beteiligung an der Salzproduktion. Aus späteren Gegebenheiten ist zu schließen, dass der Handel sowohl in den Händen Lübecker wie auch Lüneburger Kaufleute lag. Letztere zeigten auch Präsenz in der Stadt. So erwarb der Rat der Stadt Lüneburg ein Haus in der Mühlenstraße, Ecke Fegefeuer (heute Fegefeuer 2), das nicht nur als Quartier während der Hansetage gedient haben dürfte.

Die Gesellschaft der Lübecker Salzführer (nicht mit den Stecknitzfahrern zu verwechseln) dürfte im 15. Jahrhundert entstanden sein, bildete aber anders als die Bergen- oder Schonenfahrer kein geschlossenes Kollegium, sondern nur einen losen Zusammenschluss, dem aber durchaus reiche und einflussreiche Bürger angehörten. Dieser Gesellschaft gehörten 10 Kaufleute an, die eine größere Zahl von Schiffen unterhielten. Dietrich Basedow z.B. unterhielt Ende des 15. Jahrhunderts 40 Schiffe, sein Bruder Bernd 25. Die Gesamtzahl der Schiffe belief sich auf 200. Die Lübecker Salzführer arbeiteten einzeln direkt mit den Lüneburger Sülfmeistern zusammen als auch mit der Lüneburger Gesellschaft der Salzführer, zu der neun Kaufleute gehörten, in Form von Handelsgesellschaften. Dabei stand jedes Lüneburger Siedehaus in einer handelsgesellschaftlichen Beziehung zu einem Lübecker Kaufmann. Beide Parteien waren nach Höhe der Einlage an Gewinn und Verlust beteiligt, wobei sich der Salzpreis nach dem Verkaufspreis in Lübeck richtete.

Hatten die Lüneburger Salzfahrer um 1500 noch einen relativ hohen Anteil am Salzhandel, versuchte Lübeck diesen mehr und mehr für sich zu monopolisieren, unter anderem auch mit dem Hinweis, dass Lübeck allein die Kosten für Bau und Unterhalt der Stecknitzfahrt getragen habe. Die Auseinandersetzungen zogen sich durch das gesamte 16. Jahrhundert und wurden erst 1598 beigelegt, indem u.a. der Gästehandel, das heißt der Salzverkauf der Lüneburger durch Mittelsmänner verboten wurde. Den Lüneburgern blieb lediglich der Verkauf des Salzes zum Gebrauch in Schonen und zur Ausfuhr nach Dänemark frei. Diese Handelspolitik Lübecks war ein Grund dafür, nach Alternativwegen zu suchen. Der Streit um den Salzpreis dauerte aber auch im 17. Jahrhundert an, und 1644 wurde jeder Gesellschaftshandel zwischen Lübecker und Lüneburger Bürgern verboten.

Das Salz wurde in Lübeck anfangs vermutlich in den privaten Lagerhäusern der Salzfahrer gelagert. Aber schon 1524 erwarben die Salzfahrer die am Übergang zwischen Obertrave (Binnenhafen) und Untertrave (Seehafen) gelegene Heringspackhäuser, wo auch das eingeführte Salz gelagert wurde. Im 16. Jahrhundert, also in jener Zeit, als die Lübecker Salzführer ihr Monopol durchzusetzen versuchten, wurde das Salz in unter städtischer Kontrolle befindlichen Lagerhäusern gelagert; hiervon zeugen noch die ab 1575 errichteten Salzspeicher. In unmittelbarer Nachbarschaft, zwischen Petersgrube und Holstentor, befand sich auch der Salzmarkt für den Kleinhandel. Der größere Teil wurde weiter zum Seehafen transportiert. Der größte Teil des Salzes wurde im 15. Jahrhundert nach Schonen transportiert; weitere größere Abnehmer waren Danzig und Mecklenburg und Pommern.

Die Stecknitzfahrt war nach 1390 nicht der einzige Salzhandelsweg. Weil auch Hamburger Kaufleute im Salzhandel tätig waren und angesichts der Fehden und Belästigungen auf dem Weg durch das Herzogtum Sachsen-Lauenburg wurde ein Weg über Alster, Beste und Trave in Erwägung gezogen. Bereits 1260 und in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts versuchten die Städte Hamburg und Lübeck eine Kanalverbindung zwischen der Alster und dem Trave-Nebenfluss Beste herzustellen, scheiterten aber am Widerstand der örtlichen Adligen. 1448 wurden die Planungen konkreter, als die Stadt Hamburg mit Graf Adolf VIII. von Holstein die Anlage eines Grabens zwischen Alster und Beste vereinbarte. Lübeck trat diesem Vertrag bei, und es wurde umgehend mit den Bauarbeiten begonnen, aber wegen des moorigen Terrains konnte keine Uferbefestigungen hergestellt werden, so dass der Kanal zu wenig Wasser führte. Das Projekt wurde eingestellt, bis 1525 ein neuer Versuch unternommen wurde. Jetzt war es Herzog Magnus II. von Sachsen-Lauenburg, der gegen dieses Projekt protestierte, weil er Zollverluste auf der Stecknitzfahrt befürchtete. Es kam zu einem Prozess vor dem Reichskammergericht, in dem u.a. mit Hilfe einer Karte bewiesen wurde, dass der Kanal nur auf holsteinischem Gebiet verlief. 1529 war der Graben fertiggestellt und es fuhren auch die ersten Schiffe auf dem 91 km langen Wasserweg. Aber wegen der niedrigen Wasserstände kam es in den Folgejahren immer wieder zu Problemen. 1557 fuhren die Schiffe nur noch bis Stegen, wo die Fracht auf Wagen umgeladen bis nach Oldesloe gefahren werden mussten, um dort wieder auf der Trave bis Lübeck transportiert zu werden. Dieser Transportweg war umständlicher und kostspieliger als der Transport über die Stecknitzfahrt, so dass der Alster-Beste-Kanal bald aufgegeben wurde.

Wie erwähnt waren von Lübeck aus 200 Stecknitzkähne in Betrieb. Der Prahm jener Zeit war ein kastenförmiges Schiff mit flachem Boden und einer senkrechten Bordwand. Der Bootstyp war entweder viereckig (s. Schedelsche Weltchronik von 1493; vermutlich damals schon anachronistisch), konnte aber mit spitzem Bug oder Heck gebaut sein. Die Prähme konnten bis zu 27 Meter lang sein. Der Prahm wurde durch Staken fortbewegt. Weil 1390 auch die Anlage von Treidelpfaden vereinbart wurde, war zu jener Zeit auch das Treideln üblich, vor allem wohl bei der Bergfahrt gegen den Wasserschwall aus den Schleusen an. Auf der Stecknitzfahrt kamen wegen des schmalen Flussbettes (5 Meter, wobei sich zwei Schiffe begegnen konnten), eher langrechteckige Prähme zum Einsatz (Länge 10 bis 13 Meter, Breite, 2,5 Meter, Tiefgang 0,3 bis 0,4 Meter). Dies Prähme konnten maximal 7,5 Tonnen laden. Im Laufe der Zeit wurden angesichts baulicher Veränderungen des Kanals die Stecknitzschiffe größer, behielten aber ihre Grundform bei: Länge 19 Meter, Breite 3,25 Meter, Seitenhöhe, 0,86 Meter, Tiefgang 0,41 bis 0,43 Meter). Jetzt konnten 12,5 Tonnen geladen werden. Typisch für das 18. Jahrhundert wurde der sog. Budenkahn, der auch einen Mast hatte. Dennoch waren wohl Staken und Treideln die hauptsächlichen Fortbewegungsarten. Seinen Namen hat er von der Bude zum Schutz des Schiffers vor der Witterung. Ab 1845 entwickelte sich ein neuer, größerer Typ des Stecknitzkahns mit einer Länge von 23 Metern, einer Breite von 4,31 Meter, einer Seitenhöhe von 1,87 Meter und einem Tiefgang von 0,7 Meter. Die Tragfähigkeit lag zwischen 35 und 37 Tonnen. Neu ist auch ein schmaler Deckrandstreifen, der der Besatzung als Laufsteg diente. Mit diesen Schiffen konnte auch auf der Elbe gefahren werden (Bemerkung: Elbkähne konnten die 5fache Last eines  Stecknitzprahms älteren Typs laden).Und eine fest eingebaute Vorderkajüte bot noch etwas mehr Schutz und Komfort.

Die Stecknitzfahrer im Dienste der Lübecker Salzführer waren ausschließlich Lübecker Bürger. Die Schiffe gehörten, wie erwähnt, den Lübecker Salzführern. Sie kaufen die Schiffe bzw. ließen diese bauen. Anfangs befuhren nicht nur Lübecker die Stecknitz, sondern aus Urkunden sind neben den Lüneburgern auch Schiffe aus den Städten Rostock und Wismar genannt, die den Kanal befahren durften. Und diese hatten selbstverständlich ihre eigenen Schiffer. Erst in dem Maße, in dem Lübeck das Monopol für die Stecknitzfahrt durchsetzte, dominierten auch die Lübecker Schiffer den Verkehr. Neben den angestellten Stecknitzfahrern gab es anfangs auch selbständige Schiffer. 1422 konnten z.B. Gerhard Berkhane und seine Frau ein Schiff, das er selbst durch die Stecknitz führte, zum Pfand setzen, eben weil es sein Eigentum war. Aber schon 1459 gab es keine selbständigen Stecknitzfahrer mehr, denn Herzog Bernhard von Sachsen-Lauenburg bezeichnet die Stecknitzfahrer in einer Urkunde als „de soltkopers knechte“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die Stecknitzfahrer Angestellte der Salzführer geworden.

Spätestens 1422 hatten sich die Stecknitzfahrer zu einer Maria-Magdalenen-Bruderschaft zusammengeschlossen, denn in diesem Jahr stifteten sie im Dom eine Messe und eine dotierte Priesterstelle mit jährlichen Zinseinkünften von 10 Mark. Dieser Priester sollte rangmäßig nach dem Kaplan den Pfarrer des Doms bei seinen Amtspflichten unterstützen, und wenn sich darunter eine geeignete Person befand, sollte der Kandidat der Sohn eines Stecknitzfahrers sein. Zur Stiftung gehörte auch ein Altar, der heute noch erhalten ist. Diese Stiftung zeigt, dass die Stecknitzfahrer trotz ihres abhängigen Dienstverhältnisses von den Salzführern von deren Gewinnen erheblich profitierten. Zunächst versuchten die Salzführer die Bildung einer eigenständigen Körperschaft (Amt) der Stecknitzfahrer zu verhindern, hatten damit aber auf Dauer keinen Erfolg. 1560 erwarben die Stecknitzfahrer ihr Amtshaus in der Hartengrube. Bereits 1585 waren die Stecknitzfahrer indirekt als Körperschaft anerkannt, indem sie zum Scheibenschießen auf dem Bürgerschützenhof zugelassen wurden. Korporative Rechte erhielten die Stecknitzfahrer aber offiziell erst 1592 vom Lübecker Rat verliehen, aber erst 1635 durften sie eine eigene Amtsrolle führen.

Bereits im 18. Jahrhundert gab es Pläne zur Modernisierung des Kanals (Hogrewe-Plan von 1778/9: Verbreiterung des Kanals auf 11,5 Meter Breite und Vertiefung auf 1,73 Meter), mit deren Umsetzung zwar begonnen wurde, aber wegen des Napoleonischen Krieges wurden die Bauarbeiten eingestellt. Erst 1824 wurde der Delevenau-Graben vertieft und verbreitet, aber angesichts der rasanten technischen Entwicklung zu größeren Schiffen blieben diese wie auch einige spätere Maßnahmen v.a. an den Schleusen letztendlich Makulatur. Die Stecknitzfahrt war nicht mehr zeitgemäß. 1894 wurde die Stecknitzfahrt geschlossen, und es wurde mit den Bauarbeiten für den Elbe-Trave-Kanal, so anfangs  sein Name, begonnen, der 1900 eingeweiht wurde.

Im nördlichen Teil verläuft der Elbe-Lübeck-Kanal weitgehend auf der Trasse der alten Stecknitz, aber südlich von Büchen, von wo aus an Stelle des gewundenen Flusslaufes eine ganz neue Trasse gewählt wurde, sind mit der Dückerschleuse und der Palmschleuse noch eindrucksvolle bauliche Relikte aus der Zeit der Stecknitzfahrt erhalten.

Der Salzhandel war ab dem 17. Jahrhundert durch die Konkurrenz des Baiensalzes und geänderter Ernährungsgewohnheiten durch die Reformation rückläufig, so dass die Stecknitzfahrer zunehmend auch andere Güter transportierten. Durch die Aufhebung der Zünfte und der damit verbundenen Privilegien 1845 verschwand auch das Amt der Stecknitzfahrer als berufsständische Korporation. Aber die Tradition lebte fort, und 1935 wurde das Amt der Stecknitzfahrer neu begründet. Noch heute wird im Januar die Kringelhöge zelebriert, zu der auch ein plattdeutscher Gottesdienst in der Kirche der Stecknitzfahrer, dem Lübecker Dom, gefeiert wird.

Bis 1910 befanden sich auf den Friedhöfen der am Kanal gelegenen Kirchspiele noch Begräbnisplätze im Besitz der Stadt Lübeck (z.B. Berkenthin). Außer den Salzspeichern in Lübeck erinnern auch noch die Kirchenstühle (Mölln, Siebeneichen, Krummesse) und Stiftungen (Leuchter in Mölln, Krummesse, Maria-Magdalenen-Altar und Kanzelgitter sowie Leuchter im Lübecker Dom) an die Zeit des Salzhandels und der Stecknitzfahrt.

(Quelle: Vortrag von Dr. Claudia Tanck
für den Heimatbund und Geschichtsverein, Bezirksgruppe Lauenburg, und
das Forum Kultur und Umwelt im Projekt „Salz in der Linse“
am Dienstag, 17. Oktober 2017 im Hotel Bellevue, Lauenburg)